Mit dem Achtelfinale der Weltmeisterschaft 2014 endete f\u00fcr die Schweizer Nationalmannschaft nicht nur das Turnier, sondern auch die Amtszeit des beliebten Trainers Ottmar Hitzfeld. \u00dcbernommen hat die talentierte Mannschaft Vladimir Petkovic, ein Trainer mit weniger Glanz als Hitzfeld, aber mit neuen Ideen. Inside 11 blickt auf die ersten Ver\u00e4nderungen unter dem neuen \u00dcbungsleiter.<\/p>\n
Ottmar Hitzfeld war ein guter Nationaltrainer. Unter ihm erreichte die Schweiz die Endrunden der Weltmeisterschaften 2010 und 2014 und zog an letzterem Turnier immerhin ins Achtelfinale ein, wo man sich dem sp\u00e4teren Vize-Weltmeister Argentinien ungl\u00fccklich mit 0:1 geschlagen geben musste.<\/p>\n
Hitzfelds R\u00fccktritt ist allerdings nicht nur ein Verlust. Unter ihm fanden zwar immer wieder junge Spieler den Weg in den Kader, taktisch allerdings hinterlie\u00df er eher den Eindruck eines Verwalters und suchte kaum nach neuen L\u00f6sungen. Auch die Stammpl\u00e4tze seiner F\u00fchrungsfiguren blieben weitestgehend unangetastet, obwohl sie diese nicht immer zu rechtfertigen wussten. Ein frisches L\u00fcftchen durch einen Trainerwechsel kann der Mannschaft in den Augen vieler Beobachter nicht schaden.<\/p>\n
Umk\u00e4mpfte Pl\u00e4tze gab es in der Startelf eigentlich kaum, einzig Josip Drmic und Valentin Stocker \u00fcbten etwas Druck auf die Offensivkr\u00e4fte aus. Hitzfelds System bestach gegen starke Gegner durch Kompaktheit, aggressives Spiel gegen den Ball in der eigenen H\u00e4lfte und schnelle Konter. Ganz anschaulich war dazu das WM-Achtelfinale gegen Argentinien, als der sp\u00e4tere Finalist sich am Rande des Elfmeterschie\u00dfens wiederfand. Musste die Schweiz hingegen agieren, kamen immer wieder deutliche Schw\u00e4chen zum Vorschein, die im Folgenden kurz dargelegt werden.<\/p>\n
Haupts\u00e4chlich w\u00e4re das spielerisch schwache und laut Kritikern fehlbesetzte Zentrum zu nennen. Sowohl Behrami als auch Inler haben ihre St\u00e4rken augenscheinlich gegen den Ball. Beides sind sie taktisch disziplinierte Abr\u00e4umer, beinhart im Zweikampf, doch eher begrenzt im Spiel nach vorne.<\/p>\n
Granit Xhaka, bei Gladbach \u00fcberzeugend in der Rolle des antreibenden Sechsers, f\u00fchlte sich auf der Position des Zehners sichtlich unwohl. Er hat das Spiel lieber vor sich und ordnet die Offensive von hinten. Es gehen ihm f\u00fcr den klassischen Spielmacher zudem essentielle F\u00e4higkeiten ab um sich in engen R\u00e4umen behaupten zu k\u00f6nnen. In der Folge lie\u00df er sich meistens zur\u00fcckfallen oder tauchte ab und die Zentrale blieb unbesetzt.<\/p>\n
Dies verblieb nicht ohne Auswirkungen. Shaqiri, der ohnehin gerne nach innen zieht, besetzte oftmals den Raum des Zehners und Lichtsteiner r\u00fcckte weit auf. Insgesamt sammelten sich die Spieler dann im zentralen Mittelfeld ohne einheitliche Idee und hinter Lichtsteiner entstanden R\u00e4ume f\u00fcr die Gegner um Konter zu fahren. Sowohl Ecuador als auch Frankreich nutzten diesen Umstand an der Weltmeisterschaft gnadenlos aus.<\/p>\n
Wenngleich Ottmar Hitzfelds Fussball keinesfalls schlecht oder gar r\u00fcckst\u00e4ndig war, kann es nicht der Anspruch der Schweiz sein, gegen schw\u00e4cher besetzte Mannschaften keine Spielidee auf den Platz zu bringen. Daf\u00fcr sind die Akteure um Shaqiri, Drmic, Mehmedi, Xhaka und Rodriguez zu begnadet.<\/p>\n
Petkovic schwebt nun ein anderes System vor. Er hat erkannt, dass die Schweiz \u00fcber zwei der wohl offensivst\u00e4rksten Au\u00dfenverteidiger weltweit verf\u00fcgt. Und auch \u00fcber diverse starke zentrale Mittelfeldspieler und Mittelst\u00fcrmer, wogegen Fl\u00fcgelst\u00fcrmer \u2013 mit Ausnahme von Shaqiri \u2013 Mangelware sind. Er l\u00e4sst deswegen ein 4-3-1-2-System einstudieren, um die St\u00e4rken der Nationalspieler besser einsetzen zu k\u00f6nnen. Dies stellt sich in einer Art Raute dar.<\/p>\n
Hieraus ergeben sich diverse Vorteile: Zum einen nutzt die Schweiz damit ihre F\u00fclle an Mittelst\u00fcrmern besser. Bislang konnten von Drmic, Seferovic und Mehmedi lediglich einer auf seiner Stammposition agieren und ein anderer musste auf die linke Seite ausweichen. Nun k\u00f6nnen zwei von drei von Beginn weg auflaufen.<\/p>\n
Shaqiri spielt fortan auch nominell dort, wo er im Endeffekt ohnehin st\u00e4ndig anzutreffen war und kann sowohl seine Torgef\u00e4hrlichkeit ausspielen als auch die kreativen Impulse setzen, die der Nationalmannschaft so oft abgingen. Durch den Verzicht auf Fl\u00fcgelst\u00fcrmer haben Rodriguez und Lichtsteiner mehr Freiheiten und offene R\u00e4ume nach vorne und werden zudem besser abgesichert, da in einem aus drei Spielern bestehenden Zentrum viel eher ein Mittelfeldspieler f\u00fcr den entstehenden Raum abgestellt werden kann.<\/p>\n
Dazu steht die Mannschaft h\u00f6her und versucht bei Ballverlusten sofort zu pressen. So kam es bislang nicht selten zur Situation, dass Inler und Behrami ihre F\u00e4higkeiten gegen den Ball mitten in der gegnerischen Platzh\u00e4lfte ausspielen konnten, was zuvor kaum je der Fall war.<\/p>\n
Risiken hat diese Spielweise selbstverst\u00e4ndlich auch. Die hohe Abwehr kann \u00fcberspielt und ausgekontert werden und bei \u00fcberraschenden Seitenwechseln ist der Au\u00dfenverteidiger vollkommen auf sich alleine gestellt bis das zentrale Mittelfeld nachger\u00fcckt ist.<\/p>\n
Unter dem Strich jedoch \u00fcberwiegen die Vorteile klar. Nicht nur, dass einige Stammspieler auf passenderen Positionen eingesetzt werden, sondern auch den verf\u00fcgbaren Spielertypen kommt das System entgegen. Die Schweizer Nationalmannschaft verf\u00fcgt zur Zeit \u00fcber eine Vielzahl an zentralen Mittelfeldspielern und Mittelst\u00fcrmern, diese k\u00f6nnen nun auch vermehrt aufgeboten werden. So steigen die Chancen f\u00fcr Pajtim Kasami, Pirmin Schwegler und Fabian Frei, L\u00e4nderspielminuten zu sammeln. Im Umkehrschluss entschwindet die Notwendigkeit, gelernte St\u00fcrmer auf Fl\u00fcgelpositionen einsetzen zu m\u00fcssen.<\/p>\n
Auch als Bef\u00fcrworter von Petkovics Vorgehen kommt man nicht umhin, Bedenken zu verstehen. In den ersten Qualifikationsspielen agierte die Schweiz keineswegs schlecht, aber dennoch nicht stabil genug um Punkte mitnehmen zu k\u00f6nnen. Gegen die Briten fanden die Eidgenossen nicht den Mut, mit letzter Konsequenz auf Sieg zu spielen, schlussendlich fingen sie sich Konter und verloren gegen ein n\u00fcchternes England. In Slowenien hatte man das Spiel im Griff und erspielte sich auch hochkar\u00e4tige Torm\u00f6glichkeiten, lie\u00df aber die Effizienz vermissen und verlor durch ein sp\u00e4tes Elfmetertor ebenfalls.<\/p>\n
Nun folgte mit einem 4:0-Sieg gegen Litauen erste Schadensbegrenzung. Das Resultat klingt zwar \u00fcberzeugender, als das Spiel es darstellte, aber die Punkte sind eingefahren. Die Mannschaft hat an sich zu arbeiten, vor allem an der Verwertung ihrer Torm\u00f6glichkeiten. Dies stellt zur Zeit das Hauptproblem dar und kann zwar einerseits als Schw\u00e4che, aber andererseits auch als Beleg daf\u00fcr verstanden werden, dass Petkovics Spielidee durchaus umsetzbar ist. Das Team der Schweiz ist f\u00e4hig, sich viele Torchancen zu erspielen, w\u00e4hrend sie zugleich wenige zul\u00e4sst. Das Gl\u00fcck im Abschluss wird fr\u00fcher oder sp\u00e4ter von selbst zur\u00fcckkehren.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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