Als Malik Fathi am 16. August 2006 sein Deb\u00fct f\u00fcr die deutsche Nationalmannschaft gab, waren sich die meisten Beobachter einig: der Berliner hatte das verdient. Seine dauerhaft starken Leistungen im Trikot der Hertha hatten den in Berlin geborenen Linksverteidiger in den Fokus von Bundestrainer L\u00f6w ger\u00fcckt. Zwei Monate sp\u00e4ter bestritt Fathi sein zweites und letztes L\u00e4nderspiel. Jetzt ist der 30-J\u00e4hrige auf der Suche nach einem Verein.<\/p>\n
Ante Covic und Malik Fathi teilen eine Vergangenheit. Gemeinsam haben sie einige Spiele f\u00fcr die zweite Mannschaft von Hertha BSC Berlin auf dem Fu\u00dfballplatz gestanden. Das war vor etwa zehn Jahren und die Perspektiven der beiden Spieler waren damals h\u00f6chst unterschiedlich. Denn w\u00e4hrend Fathi zumeist in der ersten Mannschaft in der Bundesliga f\u00fcr seine Farben auflief, nur dann und wann bei den Amateuren aushalf und seine Karriere noch vor sich hatte, war der acht Jahre \u00e4ltere Covic im letzten Drittel seiner Laufbahn angelangt. F\u00fcr Herthas Zweite hielt er noch einige Jahre die Knochen hin in der Regionalliga Nord, 2010 war Schluss. Fathi war ein Jahr zuvor aus Moskau nach Mainz gewechselt, f\u00fcr Spartak hatte er knapp zwei Jahre gespielt.<\/p>\n
137 Bundesligaspiele hatte Fathi bis dahin f\u00fcr Hertha und Mainz bestritten, das waren schon mehr als doppelt so viele, als Covic in seiner kompletten Laufbahn in Stuttgart, N\u00fcrnberg, Berlin und Bochum absolvierte. In den kommenden vier Spielzeiten sollten f\u00fcr Fathi jedoch nur noch 38 dazukommen. Zwischendurch war er weg aus Mainz, in der Saison 2012\/13 ausgeliehen an den damaligen t\u00fcrkischen Erstligisten Kayserispor, zur Winterpause von dort weiterverliehen zum TSV 1860 M\u00fcnchen. Am Saisonende musste Fathi nach Mainz zur\u00fcck. Im vergangenen Jahr spielte er dann noch zwei Mal in der Bundesliga und acht Mal in der Regionalliga S\u00fcdwest f\u00fcr die zweite Mannschaft der Mainzer.<\/p>\n
Im Sommer erfuhr Fathi, dass er in der rheinland-pf\u00e4lzischen Hauptstadt keinen Vertrag mehr erhalten w\u00fcrde. So etwas passiert im Fu\u00dfball, Vertr\u00e4ge laufen aus, Clubs holen neue Spieler. Die alten wandern ab, zu anderen Vereinen, die Verwendung f\u00fcr sie haben. Im Sommer 2014 hatte niemand Verwendung f\u00fcr Malik Fathi. Das war f\u00fcr ihn offenbar erst einmal nicht schlimm, immerhin wurde er Vater und k\u00fcmmerte sich um Frau und Sohn. Doch das bisschen Sport, das Fathi nebenbei trieb (es soll sich um Tennis und Fitness handeln), reichte bald nicht mehr aus um ihn dauerhaft zu besch\u00e4ftigen.<\/p>\n
Die Vereinigung der Vertragsfu\u00dfballer (VdV) veranstaltet seit mehr als zehn Jahren jeden Sommer ein Trainingscamp f\u00fcr Spieler ohne Vereine. Ein Trainer mit Erfahrung betreut die Fu\u00dfballer, er organisiert Testspiele und macht Clubs auf diese aufmerksam. Bei den Partien sitzen Scouts auf der Trib\u00fcne, so manchem Spieler hat das schon geholfen. Die Vermittlungsrate liegt angeblich bei 80 bis 85 Prozent, allerdings kann es schon vorkommen, dass die Spieler zu unterklassigen Vereinen wechseln. Die meisten wollen aber einfach wieder Fu\u00dfball spielen. Fathi war im Sommer nicht im Camp.<\/p>\n
Es ist nat\u00fcrlich nur ein Zufall, dass derzeit etliche Ex-Herthaner oder Club sind. Maik Franz, Felix Bastians, Christian Lell, Andreas Ottl. Und jetzt Malik Fathi. Tim Wiese geh\u00f6rt auch zu ihnen, aber der strebt jetzt offenbar eine Karriere als Wrestler an. Vermutlich haben jene vertragslosen Profis, die sich bei der VdV gemeldet haben, lange gez\u00f6gert. Im harten Profigesch\u00e4ft gilt man schnell als verweichlicht, wenn man etwas eingesteht. Dem Journalisten Michael Jahn sagte Fathi, er sei optimistisch, offen f\u00fcr alle Angebote und versuche, „bis zur Winterpause einen neuen Verein zu bekommen“.<\/p>\n
Aber das klappt nicht immer. Und was, wenn sich die physischen Voraussetzungen \u00fcber Wochen und Monate so entwickeln, dass ein Spieler schon beim Medizincheck bei einem potenziellen neuen Verein durchf\u00e4llt? Der Sturz in ein weiteres, viel tieferes Loch w\u00e4re brutal \u2013 manch einer kommt da wom\u00f6glich gar nicht mehr heraus. Ein Vorbild f\u00fcr Fathi k\u00f6nnte indes Sofian Chahed sein, mit dem er lange Jahre bei der Hertha zusammengespielt hat. Chahed wechselte 2009 nach Hannover, dort blieb er bis 2013. Dann: kein neuer Vertrag, Arbeitslosigkeit. Chahed hielt sich beim SV Babelsberg in Schuss, im Sommer 2014 unterschrieb er schlie\u00dflich beim FSV Frankfurt wieder einen Profivertrag.<\/p>\n
Dass der Fall Sofian Chahed f\u00fcr einen wie Malik Fathi durchaus von Bedeutung ist, liegt in der Natur der Sache. An dieser Stelle kommt Ante Covic ins Spiel, der seit November 2013 die Regionalligamannschaft der Hertha coacht. Seit einiger Zeit begr\u00fc\u00dft Covic jeden Tag seinen fr\u00fcheren Mitspieler Fathi als Trainingsgast. Vermutlich ist die Tatsache, bei Hertha BSC II die Trainingseinheiten mitmachen zu d\u00fcrfen, f\u00fcr Malik Fathi der erste Schritt zur\u00fcck dorthin, wo er hergekommen ist: der Profifu\u00dfball. Dass Fathi bis es soweit ist Probleme finanzieller Natur haben k\u00f6nnte, steht eher nicht zu vermuten, nicht nach einem Jahrzehnt als Profi \u2013 und noch dazu zeitweise bei einem russischen Club.<\/p>\n
Ohnehin d\u00fcrfte es einem gestandenen Spieler wie ihm leichter fallen, eine gewisse Zeit lang ohne Verein zu \u00fcberstehen, als einem Jungprofi, der sich erst schwer verletzt, lange ausf\u00e4llt und dem schlie\u00dflich auch noch das Angestelltenverh\u00e4ltnis aufgek\u00fcndigt wird. Doch mit der Zeit kratzen solche Umst\u00e4nde sicher auch am Nervenkost\u00fcm \u00e4lterer Profis. Bleibt zu hoffen, dass Malik Fathi sp\u00e4testens im Winter einen neuen Arbeitgeber im Profifu\u00dfball hat. Denn dass der eher schmal gebaute Fathi wie der aufgepumpte Tim Wiese zum Wrestler taugt, darf getrost ins Reich der Legenden verwiesen werden.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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