Die Fu\u00dfballwelt ist ratlos. Der Start in die Premier League ist Manchester United gr\u00fcndlich missraten und auch das Transferverhalten diesen Sommer warf mehr Fragen auf, als es Antworten zu geben vermochte. Es stellt sich die Frage nach den Vorstellungen des neuen Trainers Louis van Gaal. Inside 11 wagt im zweiten Teil der Reihe eine Prognose f\u00fcr die m\u00f6gliche zuk\u00fcnftige Spielweise bei Manchester United.<\/p>\n
Nachdem in Teil eins er\u00f6rtert wurde, wie sich Louis van Gaal seinen Fu\u00dfball in etwa vorstellt, kommt man unweigerlich zur Frage, welche seiner Vorlieben er bei Manchester United umsetzen wird. Dabei muss die Gratwanderung, zeitgleich ein solides Fundament f\u00fcr die Zukunft aufzubauen und schnellstm\u00f6glich Erfolge vorweisen zu k\u00f6nnen, ebenso beachtet werden wie die M\u00f6glichkeiten, die der Kader Manchester Uniteds (nicht) hergibt. Dem Niederl\u00e4nder wird es kaum m\u00f6glich sein, mehrere Jahre f\u00fcr gro\u00dfe Erfolge zu brauchen wie in Amsterdam oder Alkmaar. Andererseits wird er wahrscheinlich unter dem Druck der Tabellensituation und der kostspieligen Transfers kaum sein Hauptaugenmerk auf die Jugendf\u00f6rderung legen k\u00f6nnen.<\/p>\n
Auf den Kader, den Louis van Gaal zur Verf\u00fcgung haben wird, muss kurz eingegangen werden. In der Sommer-Transferperiode haben 18 Spieler den Verein verlassen. Darunter finden sich einige Leihgesch\u00e4fte, wie jene von Tom Cleverley oder Wilfried Zaha, und das Karriereende von Ryan Giggs, der van Gaal fortan als Co-Trainer assistieren wird. Verlassen haben den Verein aber auch Spieler, die in den letzten Jahren zum absoluten Stamm geh\u00f6rten. Nemanja Vidic, Rio Ferdinand, Patrice Evra waren angesehene Akteure, die L\u00fccken hinterlassen. Und mit Danny Welbeck, Shinji Kagawa, Javier Chicharito und Nani haben auch namhafte Erg\u00e4nzungsspieler das Weite gesucht.<\/p>\n
Umso wichtiger und aufregender sind die Neuverpflichtungen des Vereins. In der Defensive wurde auf die Abg\u00e4nge reagiert und der britische Shootingstar Luke Shaw f\u00fcr umgerechnet 40 Millionen Euro dazugeholt, au\u00dferdem fanden Marcos Rojo und Daley Blind den Weg ins Old Trafford. Daneben kehrte klammheimlich auch Tyler Blackett von einer Leihe aus Birmingham zur\u00fcck.<\/p>\n
Offensiv wurde ebenfalls kr\u00e4ftig aufger\u00fcstet. Der K\u00f6nigstransfer 2014 d\u00fcrfte Angel Di Maria sein, eine treibende Kraft bei Real Madrids Champions-League-Sieg, f\u00fcr 75 Millionen Euro. Aus Bilbao kam der zentrale Mittelfeldspieler Ander Herrera und f\u00fcr das Sturmzentrum wurde der Kolumbianer Radamel Falcao f\u00fcr die gewaltige Leihgeb\u00fcr von 30 Millionen Euro ausgeliehen. Insgesamt lagen die Ausgaben Manchester Uniteds im Sommer 2014 bei \u00fcber 200 Millionen Euro. F\u00fcr diesen finanziellen Aufwand werden Erfolge selbstredend vorausgesetzt.<\/p>\n
Zu Beginn setzte van Gaal auf ein relativ starres 3-5-2, seit aber alle Transfers unter Dach und Fach sind, l\u00e4sst er ein 4-4-2 spielen, mit einer Raute im Mittelfeld. Vorteilhaft ist dieses System, weil es die meisten Fu\u00dfballer in- und auswendig kennen. Defensiv kann wohl jeder Verteidiger in einer Viererkette spielen, die Positionen im Mittelfeld sind relativ eindeutig und auch eine Doppelspitze ist nichts g\u00e4nzlich unbekanntes. Das Grundger\u00fcst steht also und ben\u00f6tigt wenig Gew\u00f6hnungs- und Anpassungszeit. Interessant wird nun sein, wie van Gaal die einzelnen Positionen besetzt, denn da k\u00f6nnten sich durchaus taktische Feinheiten ergeben.<\/p>\n
De Gea steht unbestritten im Tor, da scheint Louis van Gaal keinerlei \u00c4nderungsbedarf zu sehen. In der Abwehr scheint Rafael fix als rechter Verteidiger eingeplant zu sein und hat alle Spiele in diesem System da absolviert. Zentral zeichnet sich kein so klares Bild ab. Jonny Evans hat da ebenso gespielt wie Marcos Rojo, Tyler Blackett und Patrick McNair. Es scheint sich noch keine klare Formation ergeben zu haben. Als Stammspieler eingeplant ist wohl Marcos Rojo, allerdings begann er die Saison als Linksverteidiger und r\u00fcckte erst in den letzten beiden Partien in die Mitte. Daf\u00fcr bekam der junge Luke Shaw die Chance, sich zu zeigen.<\/p>\n
Im Mittelfeld – gemessen an den Investitionen mutma\u00dflich das neue Herzst\u00fcck der Red Devils – hat Daley Blind in der Raute jedes Spiel als zentraler Spieler vor der Abwehr bestritten. Auf den Halbpositionen sind Angel Di Maria und Ander Herrera fest eingeplant, zentral hinter den Spitzen spielte zun\u00e4chst Wayne Rooney, wegen einer Sperre durch Juan Mata stellvertreten. Vorne ergibt sich die Aufstellung bereits wegen den prominenten Namen: Roben van Persie und Radamel Falcao bilden die Doppelspitze, wobei da nat\u00fcrlich auch der neue Kapit\u00e4n Rooney jederzeit eine Option darstellt.<\/p>\n
Betrachtet man vorangehende Formation, kommt man nicht umhin, sich taktische Gedanken zu machen und dabei eine gewisse Asymmetrie festzustellen. Zum einen unterscheiden sich die Au\u00dfenverteidiger. Rojo links ist als gelernter Innenverteidiger deutlich weniger offensiv als der Brasilianer Rafael auf der anderen Seite des Feldes. Ein \u00e4hnliches Bild, aber seitenverkehrt sieht man im zentralen Mittelfeld. Di Maria halblinks ist ein Antreiber. Ein Dribbler mit Offensivdrang und schier endloser Luft um Angriffe einzuleiten und abzuschlie\u00dfen.<\/p>\n
Dazu kommt der Argentinier gerne \u00fcber die Fl\u00fcgel um seine Schnelligkeit besser ausspielen zu k\u00f6nnen. Herrera dagegen ist von Natur aus zentraler und weniger umtriebig. Er agiert lieber als Spielmacher mit vielen Anspielstationen um sich herum. Der Baske ist wohl f\u00e4hig, das Spiel zu organisieren und von hinten heraus den Spielrhythmus zu bestimmen, allerdings zieht es auch ihn gerne ins Angriffsdrittel. Besser als Sicherheitsp\u00e4sse quer oder zur\u00fcck gef\u00e4llt es ihm, ein schnelles Kurzpassspiel nach vorne aufzuziehen.<\/p>\n
Daley Blind und Wayne Rooney kommen die wohl delikatesten Aufgaben in der Raute zu. Der Niederl\u00e4nder hat es zur Hauptaufgabe bekommen, die R\u00e4ume hinter den offensiv ausgerichteten Di Maria und Herrera zu schlie\u00dfen und ein defensives Gleichgewicht zu finden. Diese ganz alleinige Position im defensiven Mittelfeld ist \u00e4u\u00dferst schwierig zu spielen und deswegen auch normalerweise eine klare Schwachstelle der Raute.<\/p>\n
Der Sechser muss dabei nicht zur das Zentrum abzusichern wissen, sondern sich ebenso auf den Fl\u00fcgeln zurecht finden und weitr\u00e4umig verschieben, denn die offensiven Impulse kommen oftmals von den beiden Achtern, die dann ihre Position aufgeben und sich mit einschalten. Daley Blind hat vielen anderen Abr\u00e4umern voraus, dass er ein ausgebildeter Au\u00dfenverteidiger ist. Dies erleichtert es ihm deutlich, die Fl\u00fcgel zu besetzen.<\/p>\n
Rooney hat hinter den zwei St\u00fcrmern die Hauptaufgabe, Ideen nach vorne zu finden und R\u00e4ume zu \u00f6ffnen. Er agiert sehr umtriebig, taucht auf beiden Fl\u00fcgeln auf und hat viele Ballkontakte. Dass er versucht, sich in gute Abschlusspositionen zu bringen, ist ganz nat\u00fcrlich bei seinen F\u00e4higkeiten. Der Brite aus Liverpool k\u00f6nnte Louis van Gaals aktuellste Variation des im ersten Teil angesprochenen „Schattenst\u00fcrmers“ sein, wie es bereits die prominenten Litmanen und M\u00fcller verk\u00f6rperten. Technisch und taktisch bringt Rooney daf\u00fcr auf jeden Fall alles mit.<\/p>\n
Aus den bisherigen Formationen kann man in etwa ablesen, wie sich van Gaal „sein“ Manchester United in etwa vorstellt: \u00fcberaus flexibel. Mit diesen Spielertypen auf dem Platz scheinen Positionswechsel geradezu vorprogrammiert. Vor allem im Mittelfeld scheint die Grenze zum Chaos nicht fern. Wayne Rooney agiert als Freigeist \u00fcberall in der Angriffszone, Di Maria und Herrera halten zwar diszipliniert ihre Seiten, haben aber beide einen ausgedehnten Radius.<\/p>\n
Vor allem der Argentinier l\u00e4sst sich links an der Au\u00dfenlinie, im Halbraum bis zum gegnerischen Strafraum und bisweilen auch weit in der eigenen Platzh\u00e4lfte finden. Daley Blind bleibt zwar diszipliniert hinter den drei Kreativspielern, muss aber sowohl nach links als auch nach rechts rausr\u00fccken um L\u00fccken zu stopfen.<\/p>\n
Dieses System wirkt vielversprechend. Offensiv ist es nat\u00fcrlich kaum kontrollierbar. Durch die vielen verschieden Zonen, in denen sich die Angreifer finden lassen, ist es enorm schwierig, sie unter Kontrolle zu halten. Di Maria, Herrera und vor allem Wayne Rooney k\u00f6nnen stets f\u00fcr gef\u00e4hrliche \u00dcberzahlsituationen sorgen und die lauernden Mittelst\u00fcrmer einsetzen. Dass Falcao und van Persie ohnehin f\u00fcr pure Torgefahr aus allen Lagen stehen, versteht sich von selbst. Das \u00fcberzeugende 4:0 gegen die Queens Park Rangers demonstrierte dies eindeutig.<\/p>\n
Die Gefahr dieses wagemutigen Ansatzes liegt ebenso auf der Hand. Es wirkt enorm instabil und anf\u00e4llig f\u00fcr schnelle Gegenst\u00f6\u00dfe. Dieses „positiv verr\u00fcckte“ Chaos, das bei Ballbesitz durchaus gew\u00fcnscht ist, hat nat\u00fcrlich zur Kehrseite, dass bei Ballverlusten die Ordnung nicht gegeben ist und Blind pl\u00f6tzlich relativ alleine auf weiter Flur steht. Das Mittelfeld l\u00e4uft stets Gefahr, \u00fcberrannt zu werden.<\/p>\n
Eine Abwehrreihe, die sich dann einer ungebremst st\u00fcrmenden Angriffswelle entgegen sieht, hat kaum mehr eine Chance, Gegentore zu verhindern. Von daher wird schnelles Umschalten in die Defensive ein Schl\u00fcssel zum Erfolg sein m\u00fcssen, ebenso wie ein gemeinsames, mannschaftliches Verst\u00e4ndnis f\u00fcrs Verteidigen. Pep Guardiola forderte von den Bayern zum Beginn der vergangenen Saison: „Alle verteidigen, alle greifen an.“<\/p>\n
Louis van Gaal hat dies ebenso als unabdingbar erkannt. Doch er musste bei der Umsetzung seiner Philosophie in Manchster bislang auch Abstriche machen. Die anf\u00e4ngliche Idee der Dreierkette scheint er in ihrer starren Auspr\u00e4gung wieder verworfen zu haben, wobei sie situativ \u2013 wie bereits dargestellt \u2013 immer noch zum Einsatz kommen k\u00f6nnte. Es bleibt abzuwarten, ob Manchester United mit dem 4-4-2 unter van Gaal zu alten Erfolgen zur\u00fcckfinden kann.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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