Ein Siegtor im WM-Finale? Gilt nicht mehr viel. Mario G\u00f6tze, zur vergangenen Saison f\u00fcr 37 Millionen Euro von Dortmund zum FC Bayern gewechselt, gilt als Ausnahmetalent. Der 21-J\u00e4hrige erf\u00e4hrt au\u00dferhalb der M\u00fcnchner Arena allerdings wenig Zuneigung. Nicht nur von den Dortmunder Fans wird G\u00f6tze regelm\u00e4\u00dfig ausgepfiffen. Aber warum ist das so? Ein Erkl\u00e4rungsversuch.<\/p>\n
Es ist weit nach 23 Uhr deutscher Zeit an diesem 13. Juli 2014, das Finale der Weltmeisterschaft wogt seit 113 Minuten hin und her, als Mario G\u00f6tze einen Flankenball von Andr\u00e9 Sch\u00fcrrle mit der Brust annimmt und den Ball in technischer Vollendung mit links am verdutzten argentinischen Torh\u00fcter Romero vorbei in die Maschen drischt. In Deutschland bricht ein zigmillionenfacher Jubelschrei aus. Von G\u00f6tzes Tor an \u00fcber sieben, acht Minuten schwillt der Jubel zum vorfreudigen Siegestaumel an, der sich mit dem Schlusspfiff Bahn bricht und zum Orkan wird. Die Nationalmannschaft ist Weltmeister, zum vierten Mal.<\/p>\n
Dieser Titel wird auf immer und ewig mit Mario G\u00f6tze verbunden bleiben, schlie\u00dflich ist sein Tor das einzige im Endspiel von Rio. Nur wenige Wochen danach ist mit der Bundesliga der Fu\u00dfball-Alltag zur\u00fcckgekehrt und Mario G\u00f6tze, Held vom Maracan\u00e3, wird in vielen deutschen Stadien auch in der Saison 2014\/15 ausgepfiffen werden. Nicht nur in Dortmund wie beim Supercup, wo er als Ex-Borusse sowieso nicht gern gesehen ist.<\/p>\n
Warum ist das so? Weswegen erf\u00e4hrt G\u00f6tze im eigenen Land so wenig Zuneigung, wie sie etwa ein Brasilianer erfahren w\u00fcrde, der den entscheidenden Treffer im WM-Finale markiert? Das hat zum einen mit seinem Wechsel von Dortmund nach M\u00fcnchen zu tun, zum anderen mit Mario G\u00f6tze selbst. Wobei das eine mit dem anderen unmittelbar zusammenh\u00e4ngt.<\/p>\n
Wenn einer Anfang 2013 mit 21 Jahren sagt, er k\u00f6nne sich vorstellen, die Karriere beim Heimatclub BVB zu beenden, um wenige Monate sp\u00e4ter ausgerechnet beim \u2013 nach Schalke \u2013 zweitgr\u00f6\u00dften Rivalen in M\u00fcnchen einen Vertrag zu unterschreiben, so ist das in einem Land, in dem der Fu\u00dfball einen derart hohen Stellenwert hat, mehr als ungl\u00fccklich und f\u00fcr Viele offenbar kaum zu entschuldigen. G\u00f6tze wurde das auch von vielen Anh\u00e4ngern anderer Vereine \u00fcbelgenommen. Dazu kam, dass es ausgerechnet die Bayern waren, und das just in dem Moment, als Dortmund sich anschickte, die \u00dcbermacht des FCB zumindest ansatzweise anzugreifen.<\/p>\n
Gleichzeitig k\u00f6nnte man aber einwenden, dass Mario G\u00f6tze, wie Manuel Neuer 2011, durch seinen Wechsel eben nicht den Weg des geringsten, sondern des schweren Widerstands genommen hat, verglichen zumindest mit Schweinsteiger oder Lahm, die als Profis immer in M\u00fcnchen unter Vertrag standen (Lahm war damals nach Stuttgart lediglich ausgeliehen). Spricht das nicht f\u00fcr ihn?<\/p>\n
Eigentlich schon, aber honoriert wird es nicht. Noch nicht. F\u00fcr die Pers\u00f6nlichkeitsentwicklung G\u00f6tzes war der Schritt wom\u00f6glich enorm wichtig, in Dortmund h\u00e4tte er seine Nische gehabt und sich dort auf ewig einrichten k\u00f6nnen. Die Dankbarkeit der Fans w\u00e4re ihm sicher gewesen. So aber wird G\u00f6tze gest\u00e4rkt aus diesem Theater hervorgehen, wenn der Verdruss der Fans irgendwann nachgelassen haben wird, auch wenn das erst in ein paar Jahren der Fall ist.<\/p>\n
Im ersten Jahr in M\u00fcnchen, in dem G\u00f6tze trotz zweier Verletzungen ordentlich spielte, wurde ihm oft vorgeworfen, dass er sich verstecken w\u00fcrde, kein Selbstvertrauen habe. Doch nat\u00fcrlich ist es schwer f\u00fcr einen jungen Mann seines Alters, sich pl\u00f6tzlich Hassattacken ausgesetzt zu sehen und dennoch weiter Leistung bringen zu m\u00fcssen.<\/p>\n
M\u00fcssen. Auch ein Wort, das G\u00f6tze beschreibt. „Sich beweisen m\u00fcssen“ ist eine Eigenschaft, die ihm nachgesagt wird. Obwohl er fu\u00dfballerisch oft genug bewiesen hat, dass er ein Ausnahmespieler ist. Wenn G\u00f6tze den Ball hat, wei\u00df der gegnerische Abwehrverbund nie, was er vorhat, was passieren wird. In der Offensive kann er alles: dribbeln, die L\u00fccken f\u00fcr geniale P\u00e4sse finden, schie\u00dfen, Tore im Strafraum und im F\u00fcnfmeterraum erzielen und in L\u00fccken sto\u00dfen, die au\u00dfer im keiner sieht.<\/p>\n
Wird sich der Fu\u00dfballfan, der nicht gerade dem FC Bayern zuneigt, irgendwann mit dem Menschen und Profi Mario G\u00f6tze vers\u00f6hnen? Wohl erst dann, wenn der irgendwann mal ins Ausland wechselt und dort ein Weilchen bleibt. Wobei nicht gesagt ist, dass das zwingend passieren wird. Aber vieles deutet darauf hin, dass G\u00f6tze jemand ist, der gern mal etwas Neues ausprobiert.<\/p>\n
Wenn er aus seiner Geschichte etwas gelernt hat, dann hoffentlich, dass er kurz vor dem Beginn von etwas Neuem nicht wieder Gott und der Welt mitteilt, dass er sich vorstellen kann, dass auf immer und ewig alles beim Alten bleibt. Denn so ganz unschuldig ist G\u00f6tze an seinem Bild, das er in der \u00d6ffentlichkeit hat, eben auch nicht.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Ein Siegtor im WM-Finale? Gilt nicht mehr viel. Mario G\u00f6tze, zur vergangenen Saison f\u00fcr 37 Millionen Euro von Dortmund zum FC Bayern gewechselt, gilt als Ausnahmetalent. Der 21-J\u00e4hrige erf\u00e4hrt au\u00dferhalb der M\u00fcnchner Arena allerdings wenig Zuneigung. Nicht nur von den Dortmunder Fans wird G\u00f6tze regelm\u00e4\u00dfig ausgepfiffen. Aber warum ist das so? Ein Erkl\u00e4rungsversuch.<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":6135,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[8],"tags":[24],"yoast_head":"\n