Die Kommerzialisierung ist ein hei\u00df diskutiertes Thema im deutschen Profifu\u00dfball: Steigende TV-Gelder, lukrative Sponsorenvertr\u00e4ge, Gro\u00dfinvestoren \u2013 Faktoren, die den Fu\u00dfball grundlegend ver\u00e4ndern. Was passiert mit den namhaften Traditionsvereinen und haben jene noch eine Chance sportlich mitzuhalten? Benennt man zuk\u00fcnftig jede zweite Bundesligaspiel „El Plastico“? Das Thema wirft etliche Fragen auf.<\/p>\n
Kommerzialisierung l\u00e4sst sich laut W\u00f6rterbuch wie folgt definieren: „Die \u00dcbertragung von kaufm\u00e4nnischen Grunds\u00e4tzen auf andere Bereiche, um diese wie ein gewinnorientiertes Unternehmen zu f\u00fchren.“<\/p>\n
Vereinfacht ausgedr\u00fcckt bedeutet dies, dass die wirtschaftlichen Aspekte wichtiger sind als ideelle Werte. Im Sport steht heutzutage \u2013 wie in vielen anderen Branchen \u2013 der finanzielle Aspekt im Vordergrund.<\/p>\n
Fu\u00dfballvereine haben sich in ihrer Struktur zu einer Art Gro\u00dfunternehmen entwickelt. Viele Fans k\u00f6nnen dieser Entwicklung nicht viel Gutes abgewinnen. Sie bangen um die Existenz ihres Vereins, w\u00e4hrend auf der Gegenseite das sportliche Potential und die qualitative Leistungssteigerung der finanziell gut ger\u00fcsteten Vereine hervorgehoben wird.<\/p>\n
Nach der 50+1-Regel ist es nicht m\u00f6glich, dass Kapitalanleger die Stimmenmehrheit in professionell betriebenen Fu\u00dfballvereinen inne haben. Sie wurde entwickelt, um die Kommerzialisierung einzud\u00e4mmen.<\/p>\n
Erlaubt hingegen ist, dass sich die Mehrheit des Kapitals im Besitz privater Investoren befindet \u2013 siehe Dietmar Hopp in Hoffenheim. Die Regel wurde zum Unwohl der Traditionalisten bereits gelockert, um die internationale Konkurrenzf\u00e4higkeit zu f\u00f6rdern.<\/p>\n
Demnach d\u00fcrfen Sponsoren, die ihren Verein bereits mehr als 20 Jahre unterst\u00fctzen, nun auch die Stimmenmehrheit erlangen. Traditionalisten fordern ein, das Regelwerk anzupassen und klar und deutlich auszuformulieren, damit k\u00fcnftig nicht noch weitere Werksvereine die Regularien umgehen und sich im Oberhaus etablieren k\u00f6nnen.<\/p>\n
Eine weitere Lockerung der Regel wurde bisher nicht verk\u00fcndet, ein Trend in Richtung Kommerz zeichnet sich jedoch ab. Vereine wie RB Leipzig \u2013 der als Inbegriff f\u00fcr Kommerzialisierung steht \u2013 weisen Strukturen auf, die nicht dem Geist der 50+1-Regel entsprechen.<\/p>\n
Da der Verein trotzdem die Lizenz erhalten hat, schafft die DFL mit dieser Entscheidung einen Pr\u00e4zedenzfall, der in Zukunft gegen sie verwendet werden k\u00f6nnte und das Traditionssterben daraus resultierend weiter vorantreiben w\u00fcrde.<\/p>\n
Die Gr\u00fcnde der fortschreitenden Kommerzialisierung sind vielschichtig. In den letzten, grob gesagt, 50 Jahren hat sich unsere Welt derart ver\u00e4ndert.<\/p>\n
Der Fu\u00dfball passt sich an seine Umwelt an und versucht mit neuen M\u00f6glichkeiten das Maximale auszusch\u00f6pfen. Die fortschreitende Kommerzialisierung wird durch Globalisierung, Weiterentwicklung der Kommunikationstechnologien und die stetig wachsende Rolle der Medien beg\u00fcnstigt.<\/p>\n
Hinzu kommt, dass das Interesse am Fu\u00dfball in der Gesellschaft kontinuierlich w\u00e4chst. Ohne das \u00f6ffentliches Interesse w\u00fcrden weder TV- noch Sponsorenvertr\u00e4ge in utopischen H\u00f6hen entstehen.<\/p>\n
Die Kommerzialisierung in der Gesellschaft wird daher mehrheitlich gewollt oder zumindest toleriert. Erst wenn die Interessenten die Entwicklung nicht mehr billigen und dem Sport den R\u00fccken kehren, wird der Kommerz zur\u00fcckrudern.<\/p>\n
Vorstellbar w\u00e4re auch, dass das Interesse f\u00fcr Deutschlands h\u00f6chste Liga sinkt, da sich nur noch Unternehmen oder deren Produkte um den Fu\u00dfballthron duellieren. Ideallisten und Fans von traditionsreicheren Vereinen werden den Fokus dann auf unterklassige Ligen legen.<\/p>\n
Dass Fu\u00dfball im Oberhaus jedoch vor leeren R\u00e4ngen bzw. kleiner Kulisse ausgetragen wird, f\u00fchlt sich schlichtweg falsch an und w\u00e4re eine fatale aber dennoch wohl logische Entwicklung.<\/p>\n
Die so oft thematisierte Fankultur wird zu Lasten von Werbung und potentieller Produktplatzierung in tiefere Ligen gedr\u00e4ngt. Letztlich wird das Fu\u00dfballgesch\u00e4ft als reines Marketinginstrument genutzt.<\/p>\n
Die Bundesliga ist eine gigantische Plattform mit immenser Reichweite und uneingeschr\u00e4nkter medialer Pr\u00e4senz, die neuerdings von Firmen vereinnahmt wird, um die Platzierung des jeweiligen Endproduktes am Markt weiter voranzutreiben.<\/p>\n
M\u00f6glich w\u00e4re zudem, dass sogenannte Exoten, Paradiesv\u00f6gel oder Charakterspieler \u00e0 la Effenberg, Basler oder \u00c4hnliche komplett aussterben. Glattgeb\u00fcgelte Stars, die als Angestellte f\u00fcr ein gewisses Produkt stehen und in ihrer pers\u00f6nlichen Handlungsfreiheit total eingeschr\u00e4nkt sind, k\u00f6nnten das Bild der Bundesliga pr\u00e4gen.<\/p>\n
Bei einem Eklat oder Negativereignis w\u00fcrde man jenes direkt mit dem dementsprechenden Unternehmen in Verbindung bringen, was sch\u00e4digend f\u00fcr das jeweilige Image w\u00e4re.<\/p>\n
Auch wenn der moderne Fu\u00dfball einige negative Begleiterscheinungen mit sich bringt, ist er auch f\u00fcr den deutschen Fu\u00dfball essentiell. H\u00e4tten sich die Einnahmen der Vereine nicht derart entwickelt, w\u00e4re international konkurrenzf\u00e4higer Fu\u00dfball in Deutschland unm\u00f6glich.<\/p>\n
Um dem nicht zum Opfer zu fallen, m\u00fcssen Vereine sich stetig weiterentwickeln. Durch die M\u00f6glichkeiten des kommerziellen Fu\u00dfballs, ist der Sport professioneller geworden und hat an Qualit\u00e4t gewonnen. Dies gilt auch im Bereich Jugendf\u00f6rderung oder Niveau der fu\u00dfballerischen Ausbildung.<\/p>\n
Zus\u00e4tzlich wird die Migration durch den globalen Fu\u00dfballmarkt gef\u00f6rdert. Zum einen im Bezug auf Vereinsmannschaften, bei denen Spieler aus aller Welt unter Vertrag stehen und respektiert werden.<\/p>\n
Zum anderen in der deutschen Nationalmannschaft, die auch dank Spielern mit Migrationshintergrund (zum Beispiel Mesut \u00d6zil und Jerome Boateng) den WM-Titel 2014 errang. Erfolge wie dieser f\u00f6rdern die Akzeptanz von ausl\u00e4ndischen Mitb\u00fcrgern im jeweiligen Land, da die Pers\u00f6nlichkeiten besonders w\u00e4hrend eines solchen Turniers unglaubliches Interesse erfahren.<\/p>\n
Selbst Fans und Beobachter profitieren zumindest teilweise. TV-\u00dcbertragungen, wie man sie heute kennt, sind in ihrer ausf\u00fchrlichen Form erst durch das gro\u00dfe Interesse entstanden. W\u00fcrde sich also die Gesellschaft nicht in diesem Ma\u00dfe f\u00fcr Fu\u00dfball interessieren, w\u00e4ren Berichterstattungen dieses Umfangs f\u00fcr Fernsehsender nicht rentabel.<\/p>\n
Dass hochwertige Analysen mit Hightechger\u00e4ten oder Fu\u00dfballdokumentationen f\u00fcr Konsumenten elementar sind, ist bewiesen \u2013 alles eine Frage der Einschaltquote.<\/p>\n
Kernkomponenten wie Emotion, Leidenschaft, Kampf, Wille sowie technische und taktische Raffinesse werden dem Fu\u00dfball f\u00fcr immer treu bleiben. Ob Begrifflichkeiten wie Tradition und Fankultur zuk\u00fcnftig noch Einklang finden und f\u00fcr den Fu\u00dfballkonsumenten selbsterkl\u00e4rend dazugeh\u00f6ren, bleibt fraglich.<\/p>\n
Schlussfolgernd sei gesagt, dass wir uns definitiv in einer interessanten, sich wandelnden Zeit befinden. Das Ungewisse und schwer Vorhersehbare sind auch die Gr\u00fcnde, warum wir die Bundesliga so sehr lieben.<\/p>\n
Gewiss eintreffende Zukunftsprognosen kann keiner von uns geben. Eines wissen wir jedoch dank Otto Rehhagel bereits seit dem Jahre 1995: „Geld schie\u00dft keine Tore“. Wir d\u00fcrfen gespannt sein, inwiefern sein Zitat in Zukunft Richtigkeit beh\u00e4lt.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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