Normalerweise ist die FIFA-Club-WM ja sterbenslangweilig. Von den teilnehmenden Teams kennt der durchschnittliche Fu\u00dfballfan ohnehin h\u00f6chstens zwei und am Ende gewinnen nat\u00fcrlich die Europ\u00e4er. Diesmal jedoch machte das Turnier von sich reden: Denn der Videobeweis wurde erstmals in einem FIFA-Turnier eingesetzt \u2013 mit Erfolg!<\/p>\n
Im Halbfinale der Klub-WM hat sich Historisches ereignet: Der ungarische Schiedsrichter Viktor Kassai hat ein Foulspiel im Strafraum \u00fcbersehen und wurde darauf aufmerksam gemacht. Nach kurzer Konsultation der TV-Bilder entschied der Referee auf Elfmeter, ein richtiger Entscheid.<\/p>\n
Es war eine typische Szene, die auf Fu\u00dfball-Pl\u00e4tzen h\u00e4ufig Fehler zur Folge hat. Eine Standard-Situation mit vielen direkten Duellen. Ein Zupfer hier, ein Rempler da, ganz schwierig zu erkennen und zu entscheiden, wo die Intensit\u00e4t f\u00fcr einen Foulpfiff mit damit verbundenem Elfmeter ausreicht.<\/p>\n
Umso wichtiger war hierbei die technische Unterst\u00fctzung. Von blo\u00dfem Auge in dieser Geschwindigkeit schwierig zu sehen war ein Kontakt am Fu\u00df des japanischen Angreifers, der ihn deutlich aus dem Tritt brachte.<\/p>\n
Auch l\u00e4sst sich am TV-Bild gut erkennen, dass das Vergehen im Strafraum stattgefunden hat, was aufgrund der seitlich versetzten Positionen von Schieds- und Linienrichter auf nicht ganz einfach zu entscheiden gewesen w\u00e4re.<\/p>\n
Wichtig war diese erfolgreiche erste Anwendung eines Video-Beweises im Rahmen einer FIFA-Veranstaltung, denn zahlreiche Bedenken der Fans und Experten k\u00f6nnen so zerstreut werden. Es wird beispielsweise immer wieder bef\u00fcrchtet, dass die Anwendung eines Video-Beweises den Spielfluss hemmen k\u00f6nnte.<\/p>\n
Fu\u00dfball lebt mithin vom Tempo, von mutigen Balleroberungen, schnellen Gegenst\u00f6ssen, dynamischen Dribblings. Und der Video-Beweis tr\u00e4gt diesem Umstand viel mehr Rechnung als dass er ihm zuwider laufen w\u00fcrde.<\/p>\n
Stetig h\u00f6heres Tempo vermehrt auch die Anzahl Zweik\u00e4mpfe, die abseitsverd\u00e4chtigen Positionen und Torchancen. Entsprechend steigt auch die Anzahl Fehlentscheidungen, denn es wird immer komplexer f\u00fcr ein Schiedsrichtergespann, jedes Detail zu \u00fcberblicken.<\/p>\n
Um klare Fehler zu vermeiden und dem Tempo des Spiels Rechnung zu tragen, ist der Video-Beweis unabdingbar. Au\u00dferdem macht er das Spiel keinesfalls tr\u00e4ger. In diesem Halbfinale war das eine Sache von einer knappen Minute. Verletzungspausen dauern kaum weniger lang.<\/p>\n
Weiter wird angef\u00fchrt, dass ein Video-Schiedsrichter die Autorit\u00e4t des Hauptschiris untergraben w\u00fcrde. Das Gegenteil ist der Fall. Man kann den Entscheidungen des Referees viel eher vertrauen, wenn man die Gewissheit hat, dass bei klaren Wahrnehmungsfehlern von au\u00dfen korrigierend eingewirkt wird.<\/p>\n
Dar\u00fcber hinaus ist im Modell der FIFA vorgesehen, dass der Hauptschiedsrichter immer noch die Verantwortung tr\u00e4gt. Er kann sich auf Hinweis die Bilder anschauen, die Entscheidung trifft allerdings immer noch er und kein TV-Schiedsrichter.<\/p>\n
Und gibt es jetzt nichts mehr zu diskutieren? Fehlentscheidungen, oder netter formuliert strittige Pfiffe, der Schiedsrichter l\u00f6sen Diskussionen aus, so viel ist klar. Und doch sollte Fu\u00dfball viel mehr Grundlagen zu Debatten bieten als nur das.<\/p>\n
Taktische Spielchen der Trainer, sch\u00f6ne Kombinationen sowie Geniestreiche der Fu\u00dfballg\u00f6tter und starke Tacklings. Nur weil einige spielentscheidende, umstrittene Szenen mehr richtig beurteilt werden als zuvor, gehen uns die Gespr\u00e4chsthemen \u00fcber Fussball hoffentlich noch nicht aus.<\/p>\n
Das Modell der FIFA \u00fcberzeugt in vielerlei Hinsicht. Der Schiedsrichter bleibt einerseits der Herr des Geschehens und entscheidet immer noch selbst\u00e4ndig und endg\u00fcltig, auch wenn er daf\u00fcr gegebenenfalls TV-Bilder konsultieren muss.<\/p>\n
Es \u00fcberzeugt auch, dass er einerseits von einem TV-Schiedsrichter auf zweifelhafte Szenen aufmerksam gemacht werden kann, aber auch selbst nachfragen darf, wenn er sich unsicher in seiner Wahrnehmung ist.<\/p>\n
Es ist in meinen Augen der richtige Ansatz, dass nicht versucht wird, die Aufgaben des Schiedsrichters quasi ins TV-Studio auszulagern. Nur als aktiver Sportler auf dem Platz, als Charakter im Spiel und Teil des ganzen Geschehens. Denn nur auf dem Feld kann man den Charakter der Partie erfassen, nimmt man die Stimmung der Mannschaften wahr.<\/p>\n
Ein Schiedsrichter sp\u00fcrt, wer schlecht drauf und wer aggressiv eingestellt ist, wer sich gehen l\u00e4sst und wer das Team mitrei\u00dft. Alle diese Wahrnehmungen sind notwendig, um ein Fu\u00dfballspiel souver\u00e4n leiten zu k\u00f6nnen. Anhand von TV-Bildern werden diese nie vollst\u00e4ndig erfasst.<\/p>\n
Weitere Fragen werden zu kl\u00e4ren sein, insbesondere, wie mit falschen Abseitsentscheidungen zu verfahren sein wird und wie es aussieht mit hinzukommenden Szenen, die sich ereignen, bevor der Schiedsrichter zwecks Video-Beweis die Partie unterbricht.<\/p>\n
Und selbstverst\u00e4ndlich wird es weiterhin Szenen geben, die man sich in Slow-Motion und Endlosschleife zu Gem\u00fcte f\u00fchren kann, ohne dass ein klarer Elfmeter, eine sichere rote Karte dabei heraus springt.<\/p>\n
Nichtsdestotrotz ist der Video-Beweis eine willkommene Neuerung, die den Fu\u00dfball ein St\u00fcck n\u00e4her bringt an das unerreichbare Ideal eines vollkommen gerechten Sports. Das und nichts anderes muss das Ziel sein im lukrativsten Sport \u00fcberhaupt.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
Normalerweise ist die FIFA-Club-WM ja sterbenslangweilig. Von den teilnehmenden Teams kennt der durchschnittliche Fu\u00dfballfan ohnehin h\u00f6chstens zwei und am Ende gewinnen nat\u00fcrlich die Europ\u00e4er. Diesmal jedoch machte das Turnier von sich reden: Denn der Videobeweis wurde erstmals in einem FIFA-Turnier eingesetzt \u2013 mit Erfolg!<\/p>\n","protected":false},"author":7,"featured_media":5616,"comment_status":"open","ping_status":"closed","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[16],"tags":[27,12],"yoast_head":"\n