Die roten Bullen fegen \u00fcber die Liga hinweg. Mit rasantem, aggressivem Pressing, enormer Wucht und f\u00fcr solch eine junge Truppe unerh\u00f6rt kaltschn\u00e4uzig scheinen sie kaum zu bremsen. Die Liga muss sich die Frage stellen, wie man gegen dieses RB Leipzig spielen muss, um nicht nach allen Regeln der Kunst \u00fcberfahren zu werden. 1899 Hoffenheim hat es 60 Minuten lang erfolgreich vorgemacht. Eine Analyse.<\/p>\n
Die Aufstellung von RB enthielt keine \u00dcberraschungen. Da Fl\u00fcgelflitzer Forsberg noch immer gesperrt fehlte, agierte der kreative Keita erneut auf der Seite, diesmal vermehrt rechts. Ansonsten schickte Ralph Hasenh\u00fcttl seine Mannschaft im gewohnten 4-4-2 bzw. 4-2-2-2 auf den Rasen. Die Leipziger traten so auf wie erfolgreiche Mannschaften gew\u00f6hnlich auftreten: mit breiter Brust, von sich und ihrer Spielweise \u00fcberzeugt. Sie hatten keinerlei Bed\u00fcrfnis, etwas zu ver\u00e4ndern.<\/p>\n
RB Leipzig agierte hoch und besetzte so oft als m\u00f6glich die Hoffenheimer Platzh\u00e4lfte. Das Sturmduo Werner & Poulsen initiierte das Pressing und versuchte fr\u00fch, die G\u00e4ste auf eine Seite zu lenken und in der Folge unter Mithilfe des Mittelfeldes die Passwege zuzustellen. Dazu setzten die Leipziger in typischer Gegenpressing-Manier aggressiv und mit mehreren Spielern nach, sobald ein Ball in der N\u00e4he des Hoffenheimer Strafraums verloren ging.<\/p>\n
St\u00fcrmer Yussuf Poulsen ist \u00fcbrigens einer der flei\u00dfigsten Spieler der Bundesliga, f\u00fchrte bereits 426 Zweik\u00e4mpfe in dieser Saison. Pro Spiel sind das stolze 26,6. Kein Zufall also, dass der Leipziger Ausgleich aus einem typischen Moment des Gegenpressings entstand. Die Bullen eroberten den Ball durch Poulsen und Keita gleich zweimal am Hoffenheimer Strafraum.<\/p>\n
Im Spielaufbau hatten die Shootingstars ihre Probleme. Hoffenheim verzichtete meistens auf ganz hohes Pressing und lie\u00df die Innenverteidiger Leipzigs gew\u00e4hren, konnten aber durch die zahlenm\u00e4\u00dfige \u00dcberlegenheit im Zentrum P\u00e4sse in die Spielfeldmitte oft geschickt unterbinden. Auff\u00e4llig waren bisweilen die L\u00fccken im zentralen Mittelfeld. Keita und Sabitzer blieben zu Beginn zu nah an der Seitenlinie, so dass sich ein Loch im Zentrum auftat und Leipzig auch im Gegenpressing den Zugriff nicht sofort fand.<\/p>\n
Dies wurde im Verlaufe der ersten Halbzeit besser und es entwickelte sich klarer ein 4-2-2-2, wodurch das Zentrum besser bespielbar war. Daf\u00fcr r\u00fcckten die Au\u00dfenverteidiger etwas st\u00e4rker auf, wovon insbesondere Linksverteidiger Halstenberg profitierte. Er eroberte einige Mal durch aggressives Herausr\u00fccken den Ball und unterband einen Hoffenheimer Gegensto\u00df. Daf\u00fcr war seine Seite beim F\u00fchrungstor weit offen. Die Spielweise von RB birgt jedenfalls auch Risiken, es ist auch ein Spiel auf Messers Schneide.<\/p>\n
Leipzig kam allerdings bis zum Platzverweis Sandro Wagners nicht so richtig zur Entfaltung. Julian Nagelsmann hatte sich wohl die eine oder andere Ma\u00dfnahme \u00fcberlegt, um Leipzig das Leben schwer zu machen. Zun\u00e4chst zeigte sich in diesem Spiel der Vorteil der Dreierkette. Drei Spieler in der letzten Reihe im Verbund mit einem bemerkenswert ruhig und mutig mitspielenden Oliver Baumann im Tor k\u00f6nnen sich ohne in Gefahr zu geraten viel breiter positionieren. In der Folge wird der Raum, den RB mit seinem Pressing abdecken muss, gr\u00f6sser und schwieriger zu kontrollieren.<\/p>\n
Hervorzuheben sind dabei zwei Akteure Hoffenheims: Oliver Baumann und Sebastian Rudy. Der Torh\u00fcter bewegte sich sehr intelligent und bot stets fr\u00fchzeitig Passoptionen f\u00fcr die aggressiv unter Druck gesetzten S\u00fcle und H\u00fcbner. Einmal angespielt, bekam Baumann nicht das Nervenflattern, sondern wartete bis entweder Werner oder Poulsen ihn anlaufen mussten und er einen der frei werdenden Innenverteidiger anspielen konnte. So wurde den St\u00fcrmern immer wieder der Wind aus den Segeln genommen. Baumann hatte insbesondere den Mut, immer mal wieder frech durch die beiden Leipziger den Ball auf Vogt zu spielen, womit dann gleich beide St\u00fcrmer ausgespielt waren.<\/p>\n
Sebastian Rudy musste sich zur\u00fcckhalten. Oft zeigen die tiefen Sechser die Tendenz, sich bei hohem gegnerischen Druck n\u00e4her zum eigenen Tor zu bewegen. Sie wollen dadurch eine einfache kurze Passoption schaffen und dem Team helfen, allerdings spielt das zumeist dem Gegner in die Karten, denn ein Spieler, der sich in diese Pressing-Zone bewegt, nimmt sich in der Regel selbst aus dem Spiel.<\/p>\n
Rudy hielt sich wie gesagt zur\u00fcck und postierte sich meist recht weit vor der eigenen Abwehr, wo er insbesondere nach den coolen Befreiungsp\u00e4ssen von Baumann frei stand, Leipzig entwickelte selten Zugriff auf den Ballverteiler. So initiierte Rudy einige Hoffenheimer Spielz\u00fcge, unter anderem den sensationellen Konter zur F\u00fchrung.<\/p>\n
Nagelsmann ist ein Verfechter des gepflegten, flachen Fu\u00dfballspiels. Dies wird auch durch die Statistik belegt, Hoffenheim hat mit 81,9 % angekommenen P\u00e4ssen die drittbeste Quote der Liga. Dennoch war sich der Trainer nicht zu schade nach alternativen L\u00f6sungen zu suchen. Wenn Leipzig sehr kompakt Druck machte und es den \u00e4u\u00dferen Innenverteidigern nicht mehr m\u00f6glich war, einen \u00fcberlegten Pass hinten heraus zu spielen, wurde der lange Ball bewusst eingeplant.<\/p>\n
Die beiden Hoffenheimer St\u00fcrmer schoben in solchen Situationen beide auf eine, meistens die linke, Seite. Wagner positionierte sich n\u00e4her am eigenen Tor und der pfeilschnelle Kramaric zog den Sprint in dessen R\u00fccken an. Mehrfach gelangte Hoffenheim so durch simple Kopfballverl\u00e4ngerungen blitzschnell und m\u00fchelos ins Angriffsdrittel. Dazu r\u00fcckten die umliegenden Spieler, meistens Zuber und Demirbay nah zu Wagner, um nach allenfalls verlorenen Kopfballduellen schnell die zweiten B\u00e4lle zu erobern und auszunutzen, dass Leipzig mit zwei Spielern im zentralen Mittelfeld hierbei oft in Unterzahl war.<\/p>\n
Leider hatte Sandro Wagner in der zweiten H\u00e4lfte diesen folgenschweren Blackout. Hoffenheim wurde mit einem Mann weniger stark zur\u00fcck gedr\u00e4ngt und auch wenn das Siegtor durch Sabitzer schlussendlich gl\u00fccklich daherkam, fiel es nicht aus heiterem Himmel. Schade, denn trotz der leichten \u00dcberlegenheit der Gastgeber h\u00e4tte Hoffenheim auch die zweite H\u00e4lfte mit der einen oder anderen \u00dcberraschung gestalten k\u00f6nnen und zeigte, dass sie in der Lage gewesen w\u00e4ren, einen oder gar drei Punkte vom Tabellenzweiten zu entf\u00fchren.<\/p>\n
Hoffenheim zeigte in den ersten 60 Minuten wie beschrieben diverse Ans\u00e4tze wie man RB Leipzig das Leben schwer machen kann. Es wird f\u00fcr jeden Gegner aber entscheidend sein, die Mischung zu finden. Spielerische L\u00f6sungen, die die Ostdeutschen auch defensiv ins Wanken bringen, m\u00fcssen genau so her wie eine schn\u00f6rkellos konzentrierte Defensivleistung, die auch den einen oder anderen Ball auf das Trib\u00fcnendach verzeiht. Sonst d\u00fcrfte es kaum m\u00f6glich sein, sich diesem Pressing \u00fcber 90 Minuten zu entziehen.<\/p>\n
Gespannt darf man auf die taktische Herangehensweise von Thomas Tuchel sein, wenn am Wochendende der BVB die roten Bullen im Signal-Iduna-Park empf\u00e4ngt. Die Schl\u00fcsselspieler f\u00fcr den guten Auftritt Hoffenheims sollte der BVB auch bieten k\u00f6nnen, denn Roman B\u00fcrki ist ein ausgezeichneter Fu\u00dfballer und Julian Weigl wei\u00df sich wohl auch intelligent zu positionieren. Spielerisch sollte der BVB jedenfalls auch das R\u00fcstzeug haben, das Leipziger Pressing das eine oder andere Mal auszuspielen.<\/p>\n
Dazu kommen die schnellen Angreifer. Leipzig r\u00fcckt, wie angesprochen, sehr hoch auf und hinterl\u00e4sst damit R\u00e4ume, die schnelle Spieler wie Demb\u00e9l\u00e9, Aubameyang, Sch\u00fcrrle oder Reus bespielen k\u00f6nnen. Der Typus Sto\u00dfst\u00fcrmer fehlt dem BVB zwar, daf\u00fcr haben sie mit G\u00f6tze, Castro und Kagawa enorme technische Finesse im Mittelfeld anzubieten, die den einen oder anderen Ball mehr am Boden, statt in der Luft festmachen k\u00f6nnen. Auf dieses Spitzenspiel darf man jedenfalls gespannt sein.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":"
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