Jürgen Klopp hat nun also seinen Rücktritt bekannt gegeben, nach sieben Jahren BVB. Dass diese sieben Jahre für Fußballtrainer eine außerordentlich lange Zeit sind, beweist ein Blick auf die Konkurrenz, in diesem Fall den Hamburger Sportverein. Der hat während der Klopp’schen Amtszeit bei den Schwarz-Gelben sage und schreibe 13-mal den Übungsleiter getauscht. Inside 11 schaut zurück auf das Hamburger Trainerkarussell und die Auswirkungen.
Besserer Punkteschnitt als Klopp
Martin Jol kam zum Hamburger SV, als Klopp zum BVB kam. In der Saison 2008/2009. Der Niederländer hat den HSV eine komplette Saison trainiert – mit einem Punkteschnitt von 1,92. Zum Vergleich: Der Punkteschnitt von Jürgen Klopp in seiner gsamten Zeit in Dortmund liegt bei 1,91. Martin Jol kehrte dem HSV bereits nach einem Jahr den Rücken und unterschrieb einen Drei-Jahresvertrag bei Ajax Amsterdam. Damals hieß es, man habe „unterschiedliche Vorstellungen über die zukünftige Ausrichtung“.
Heutzutage ist die Vorstellung, dass ein Trainer den HSV über eine komplette Saison trainiert leider sehr unrealistisch geworden. Nach dem Jol den HSV verließ blieb er für anderthalb Jahre bei Ajax Amsterdam, um danach auf die Insel weiterzuziehen. Vom 07.06.2011 bis zum 01.12.2013 war er Trainer des FC Fulham, momentan ist er bei keinem Klub angestellt.
Anspruch Europa
Auch Armin Veh hat sich ein gutes halbes Jahr am HSV versucht, durchaus nicht unerfolgreich, zumindest aus heutiger Sicht. Veh trat sein Amt zu Beginn der Saison 2010/2011 an. Vorher arbeitete er unter anderem beim VfL Wolfsburg und war Trainer des VfB Stuttgart, mit denen Veh auch Meister wurde. Der gebürtige Augsburger kam auf einen beachtlichen Schnitt von 1,48 Punkten in 27 Spielen. Nach einem 0:6 in München wurde Veh entlassen.
Bemerkenswert an der Entlassung ist, dass der Vorstand so entschieden hatte, weil der Rückstand auf die Europa-League-Plätze mit fünf Punkten zu groß geworden war. Ein Anspruchsdenken aus einer anderen Zeit. Der Hamburger Sportverein installierte ein Duo aus Michael Oenning und Rodolfo Cardoso, Hamburg blieb jedoch Achter. Armin Veh trainierte danach noch in Frankfurt, ehe er nach Stuttgart zurückkehrte. Momentan ist er vereinslos.
„Es wird zu viel erwartet“
Der ehemalige Bayern-Spieler Thorsten Fink war ganze 68 Pflichtspiele Trainer des Hamburger Sportvereins. Er kam in der Saison 2011/12 und folgte auf Michael Oenning, den man bereits nach sieben Spielen entlassen hatte, sowie den Interimslösungen Frank Arnesen und Rodolfo Cardoso. Fink führte die Hanseaten zum Klassenerhalt, in der nächsten Saison gelang ihm sogar ein siebter Platz. Ein Ergebnis von dem man heutzutage in der Millionenstadt nur noch träumen kann.
Angesichts dieser Erfolge mag man Fink Glauben schnenken, der im Februar 2014 betonte, dass der Klub mit ihm als Trainer besser da stehen würde. Im selben Interview fiel die Aussage: „Das Problem ist allerdings auch immer dasselbe: Es wird zu viel erwartet.“ Fink wurde nach fünf Spieltagen in der nächsten Saison entlassen und ist somit zusammen mit Martin Jol der einzige Trainer der letzten sieben Jahre, der eine ganze Saison beim Hamburger Sportverein arbeitete. Heute trainiert Fink Apoel Nikosia. Mit dem Klub aus Zypern spielt Fink in diesem Jahr um die Meisterschaft mit.
Ein Vizeweltmeister in Hamburg
Bert vanan Marwijk kam im Jahr 2013 zum HSV. Die Erwartungen waren groß, schließlich hatte der Holländer durchaus Erfolge vorzuweisen. Niederländischer Pokalsieger und Uefa-Cup Sieger mit Feyenoord Rotterdam, Vizeweltmeister mit der „Elftal“, der holländischen Nationalmannschaft 2010. Auch in der Bundesliga hatte van Marwijk schon gearbeitet, war er doch anderthalb Jahre Trainer des BVB. Dennoch wollte es zwischen ihm und dem HSV nicht funktionieren. Lediglich für eine Dauer von 17 Spielen war der heute 62-jährige Trainer der Hanseaten. Nach einem 2:4 in Braunschweig, der achten Niederlage in Serie, wurde van Marwijk freigestellt. Der Hamburger Sportverein war die bisher letzte Station des Niederländers.
Lebensfeindliches Arbeitsklima
Betrachtet man sich diese Beispiele der jüngeren Hamburger Trainer-Geschichte wird vor allen Dingen eines unmissverständlich klar: In Hamburg hat sich ein derart unruhiges Umfeld geschaffen, dass kein Trainer am Maximum arbeiten kann. Unter den zwölf Übungsleitern die der HSV in den letzten sieben Jahren hatte waren nachweislich sehr erfolgreiche und auch erfolgversprechende Kandidaten. Kaum einer dieser Trainer konnte in Hamburg sportlich erfolgreich arbeiten. Martin Jol und Thorsten Fink bleiben die einzigen Ausnahmen.
Auch hat sich gezeigt, dass der Hamburger Sportverein seine Trainer zu schnell entlässt, keine Geduld zeigt, weil augenscheinlich ein viel zu überhöhtes Anspruchsdenken an den Tag gelegt wird. Höhepunkt dieser Entwicklung: Der alte neue Trainer Bruno Labbadia bekam einen Vertrag über 15 Monate. Die Mission ist klar, Hamburg vor dem Abstieg retten. Ob sie richtig ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn auch wenn viele Fans des Bundesliga-Dinos Angst haben vor dem Gang in die zweite Liga, eine andere Chance den Verein von Grund auf neu aufzubauen, gibt es wohl nicht.