Franck Ribery, Fußballstar und Publikumsliebling des FC Bayern München, ist mittlerweile berüchtigt für Undiszipliniertheiten auf dem Platz. Im Champions-League-Gruppenspiel bei Manchester City gab es einen weiteren Vorfall: eine Tätlichkeit gegen den Belgier Vincent Kompany. Zum wiederholten Mal stellt sich die Frage nach den Gründen und den Folgen dieses Verhaltens.
„Watsch’n“ gegen Kompany
Gegen Manchester City konnten sich die Bayern eine Niederlage leisten, waren sie doch vom ersten Platz der Gruppe nicht mehr zu verdrängen. Dennoch saß der Frust kurzzeitig tief, als man sich nach 20 absolvierten Minuten einerseits in Rückstand und andererseits in Unterzahl wiederfand – nachdem Benatia City-Stürmer Kun Agüero als letzter Mann umsäbelte und dafür vorzeitig unter die Dusche durfte. Der Argentinier verwandelte überdies auch noch den fälligen Elfmeter. So hatten sich die Bayern ihren Ausflug bestimmt nicht vorgestellt.
Dabei verlor einer der Ballkünstler die Nerven – wieder einmal, muss man sagen. Die Rede ist von Franck Ribery. Der exzentrische Flügelstürmer ohrfeigte Verteidiger Vincent Kompany nach einer hitzigen Diskussion und hatte dabei enormes Glück, dass weder das Schiedsrichtergespann noch die unzähligen TV-Kameras die Tätlichkeit wahrnahmen. Dies vermag jedoch nicht zu ändern, dass der Franzose die Beherrschung verloren hatte und dies beileibe nicht zum ersten Mal.
'CLEAR ASSAULT': How did TV cameras miss violent row between Kompany and Ribery? https://t.co/ktUJtwzChX pic.twitter.com/GIhd0IQFll
— Eurosport UK (@Eurosport_UK) November 26, 2014
Die Unsportlichkeiten häufen sich
Ribery ist mittlerweile bekannt dafür, schnell die Nerven zu verlieren und damit seinem Image und vor allem der Mannschaft Schaden zuzufügen. Im Jahr 2010 verschuldete er erstmals eine schwierige Situation für seinen Verein: Er ging gegen Lisandro Lopez von Olympique Lyon mit gestrecktem Bein zu Werke. Durch den folgenden Platzverweis verpasste er den Großteil des Halbfinal-Hinspiels, das Rückspiel und auch das Finale in Madrid. Dieses verloren die Bayern auch noch gegen José Mourinhos Inter Mailand mit 0:2.
Im Spätherbst 2012 dann eine weitere Entgleisung mit Folgen: In einem Handgemenge im Spiel gegen den FC Augsburg musste Ribery das Feld im DFB-Pokal-Achtelfinale ebenso vorzeitig verlassen, womit er das Viertelfinale gegen den BVB verpasste und seinen Teil zum ersten Sieg gegen die „Emporkömmlinge“ aus dem Ruhrpott nicht beitragen konnte.
Glück in mehreren Situationen
Vielen Bayernfans stößt auch die Erinnerung an das Champions-League-Finale 2013 übel auf, zumindest jene an die ersten 20 Minuten, als der BVB den Bayern viele Probleme zu bereiten vermochte. In eben dieser Phase kam es auch zu einem Zweikampf zwischen Ribery und Robert Lewandowski, in welchem der Franzose – wohl genervt vom Foulspiel des Polen und dem bisherigen Spielverlauf – seinen Ellenbogen nach hinten ausfahren ließ. Er hatte enormes Glück, dass Schiedsrichter Nicola Rizzoli die Schlagbewegung entweder nicht genau wahrnehmen konnte oder aber in einem Spiel dieser Bedeutung keinen frühen Platzverweis aussprechen wollte. Unvorstellbar für die schlussendlich vollkommen verdienten Titelträger, hätte man dieses Endspiel in Unterzahl austragen müssen.
Dazu kommen weitere ungeahndete Aktionen. Ebenfalls 2013 ein Tritt gegen das Schienbein Arturo Vidals und 2014, als Real Madrid zu Gast war und bereits mit 3:0 führte. Damals entlud sich der Frust Riberys in einer Ohrfeige gegen Carvajal. Diese hätte wenigstens kaum mehr ernsthafte Folgen gehabt, auch wenn sie der Schiedsrichter wahrgenommen oder die UEFA nachträglich sanktioniert hätte. Die Anhänger des FC Bayern dürften auch noch Robbens Veilchen vor Augen haben, das ihm Ribery in der Kabine zugefügt hatte.
Weder Vorbild noch Führungsspieler
Riberys Verfehlungen haben mittlerweile eine fast schon absurd hohe Zahl erreicht, wenngleich er ja bei vielen das Glück hatte, dass sie nicht geahndet wurden. Bezeichnend ist ebenso, dass er eine Ausnahmeerscheinung darstellt beim FC Bayern. Arjen Robben ließ sich in seiner Zeit an der Isar keinerlei ähnliche Aktionen zu Schulden kommen, ebenso wenig wie beispielsweise Thomas Müller. Selbst Mario Mandzukic, ebenso wenig ein Kind von Traurigkeit wie Ribery, ging zwar oftmals unmotiviert in Zweikämpfe, klare grob unsportliche Aktionen sucht man in seiner Bayern-Vita allerdings vergebens.
Dass der temperamentvolle Franzose noch lernt, sich im Griff zu haben, auch wenn sich Frust anhäuft, ist leider kaum zu erwarten. Wünschenswert und notwendig wäre es allemal, sieht sich Ribery mittlerweile doch als Identifikationsfigur und Führungsspieler. Ersteres ist er auf jeden Fall, der „König von Bayern“ wird verehrt aufgrund seiner fußballerischen Brillanz und seinem fröhlichen, lockeren Umgang mit seinen Mitmenschen. Und auch, weil geblieben ist, obwohl vor einigen Jahr Real Madrid vehement um ihn geworben hat.
Zum Führungsspieler fehlt ihm allerdings eben noch einiges. Solange er seine persönlichen Wutausbrüche auf dem Platz nicht im Sinne des mannschaftlichen Erfolges zu unterdrücken bereit ist, bleibt an seinen Auftritten ein egoistischer, selbstherrlicher Touch haften. Auch eine Vorbildfunktion kann ihm – trotz aller Identifikation – nicht attestiert werden. Dies unterscheidet ihn doch deutlich von den Führungsspielern und Leitwölfen des FC Bayern.
Im Zweifelsfall auf Ribery verzichten?
Es stellt sich auch abschließend die Frage, ob von Vereinsseite interveniert werden sollte. Ob mit dem Franzosen mit Nachdruck auf sein Fehlverhalten, das – wie dargelegt – den Erfolg des Teams durchaus zu beeinträchtigen vermag, gesprochen wurde, ist nicht bekannt. Es scheint allerdings nicht sonderlich viel gebracht zu haben, sollte es denn jemals passiert sein. Klar ist, dass sich Ribery dem Konkurrenzkampf im Team stellen muss.
In den entscheidenden Spielen im Frühjahr wird sich final entscheiden müssen, wer die offensiven Positionen besetzen wird und Franck Ribery ist zum eigentlich ersten Mal in seiner Zeit beim deutschen Rekordmeister sportlich nicht unangefochten. Betrachtet man die Vergangenheit des FC Bayern in den K.O.-Spielen der Champions League, ist der schnelle Dribbler in engen Spielen ein Risiko. Ob Pep Guardiola ein solches hinzunehmen bereit ist, wenn gleichzeitig ein Mario Götze in Topform zur Verfügung steht? Das wird sich zeigen – auf jeden Fall besteht nun erstmals die Möglichkeit, dass Ribery sein Hang zu Tätlichkeiten zum Verhängnis werden könnte.