Bayern und Guardiola – eine erste Bilanz

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Die vergangene Saison war eine der Superlative, die kaum zu toppen ist: Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League wurden geholt und damit erstmals das Triple in der Vereinsgeschichte des FC Bayern München. Dann trat Pep Guardiola sein schweres Erbe an. Kann der Spanier, der mit dem FC Barcelona alles gewonnen hat, mit dem FC Bayern ähnliches erreichen? Inside 11 zieht eine erste Bilanz.

Bereits in der Winterpause wurde der Abschied von Trainer-Legende Jupp Heynckes bekanntgegeben, um gleichzeitig die Verpflichtung von Star-Trainer Pep Guardiola öffentlich zu machen. Die Meldung schlug in der Fußballwelt wie eine Bombe ein. Entsprechend groß ist der Erfolgsdruck. Mehr als Heynckes geht doch eigentlich nicht. Aber Guardiola muss sich an den Erfolgen seines Vorgängers messen lassen. Jetzt ist der neue Trainer etwas mehr als ein halbes Jahr in München und alles läuft nach Plan.

Pep Guardiola macht seinen Job bislang außerordentlich gut. Schon jetzt sind sich alle Experten darüber einig, dass der Katalane den Heynckes-Erfolg in München wiederholen kann. Zwei Titel holte der neue Coach mit seiner Mannschaft seit seinem Amtsantritt bereits. Das Finale des europäischen Supercups wurde gegen den FC Chelsea gewonnen und auch den Titel der Klubweltmeisterschaft sicherten sich die Stars um Franck Ribéry und Co. Aber diese Titel konnte Guardiola nur holen, weil Heynckes in der Vorsaison die Champions League mit den Münchnern gewonnen hat. Deswegen sind diese Pokale auch zu großen Teilen Verdienste von Heynckes. Aber das weiß sein Nachfolger natürlich. Und Guardiola hat seinen Vorgänger dafür auch gewürdigt.

Die Lage in der Meisterschaft

Nach 21 Spieltagen liegt Bayern München mit 59 Punkten an der Tabellenspitze. 19 Saisonspiele gewann das Team um Kapitän Philipp Lahm und zweimal wurde unentschieden gespielt. Verloren wurde bislang kein Saisonspiel. Der Vorsprung auf den Tabellenzweiten Bayer Leverkusen beträgt 16 Punkte. Zum Vergleich: In der Vorsaison hatten die Bayern zu diesem Zeitpunkt 54 Punkte auf dem Konto. 17 Partien wurden gewonnen, drei endeten mit einem Remis und eine Niederlage musste hingenommen werden. Diese eine 1:2-Niederlage stammt aus dem Heimspiel gegen Bayer Leverkusen vom 28. Oktober 2012. Seitdem wurde kein Duell in der Liga mehr verloren.

Heute ist Bayern München seit 46 Spielen saisonübergreifend ungeschlagen. Ein Rekord, der der Konkurrenz Angst und Schrecken bereitet. Der 4:0-Erfolg gegen den SC Freiburg am 21. Spieltag war darüber hinaus der 13. Saisonsieg in Folge. Außerdem ist der Rekordmeister seit 29 Auswärtsspielen in der Bundesliga ungeschlagen. Die letzte Niederlage in der Fremde wurde im April 2012 bei Borussia Dortmund mit 0:1 hingenommen. Dass die Meisterschaft auch in dieser Saison schon längst entschieden ist – wenn auch noch nicht rechnerisch – daran zweifelt inzwischen kein Experte mehr.

Im Pokal nur noch ein Sieg bis Berlin

Im DFB-Pokal ist zu erwarten, dass die Münchner am 17. Mai im Finale in Berlin stehen werden. Der Gegner wird zwischen Borussia Dortmund und dem VfL Wolfsburg ausgespielt. Der Titelverteidiger bekommt es im Halbfinale dagegen im Heimspiel mit dem Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern zu tun. Das Traumfinale Bayern gegen Dortmund scheint wahrscheinlich zu sein. In der vergangenen Saison trafen diese beiden Teams bereits im Viertelfinale aufeinander. Es war wie ein vorgezogenes Finale, das die Münchner durch ein Traumtor von Arjen Robben mit 1:0 für entschieden. Später sicherte sich Bayern durch den 3:2-Sieg im Finale gegen den VfB Stuttgart den Titel. In Verlauf der bisherigen Pokalsaison hielt sich der Titelverteidiger schadlos und schaltete mit Hannover 96, FC Augsburg und dem Hamburger SV bereits drei Bundesligisten aus.

Titelverteidigung auch in der Champions League?

In der Champions League steht Bayern München erwartungsgemäß im Achtelfinale. Dort tritt Guardiola mit seinem Team im Hinspiel auswärts beim FC Arsenal an. Drei Wochen später findet das Rückspiel in der heimischen Allianz Arena statt. Dass der amtierende Champions-League-Sieger zunächst in London spielt, ermöglichte der Gruppensieg, der zuvor in der Gruppe mit Manchester City, ZSKA Moskau und Viktoria Pilsen gelang. Gegen die Russen und Tschechen gewann Bayern jeweils das Hin- und Rückspiel. Gegen die Citizens konnte jedoch nur das Hinspiel in Manchester gewonnen werden. Im Rückspiel musste sich München daheim mit 2:3 geschlagen geben. Es ist neben der 2:4- Pleite im Ligapokal gegen Dortmund bislang die einzige Pflichtspielniederlage seit dem Amtsantritt Guardiolas.

Kurios: Auch im letzten Jahr hieß der Gegner in der Königsklasse im Achtelfinale FC Arsenal. Das Hinspiel gewann Bayern auswärts mit 3:1, im Rückspiel verlor man daheim zwar mit 0:2, zog aber aufgrund der Auswärtstorregel dennoch in die nächste Runde ein. In Normalform wird sich Bayern auch diesmal gegen den FC Arsenal durchsetzen. Ob es am Ende für die Verteidigung des Titels reichen wird, kann derzeit nur schwer vorausgesagt werden. Aber Bayern zählt sicher zu den Topfavoriten, ebenso wie Real Madrid und der FC Barcelona.

Das Guardiola-System

Die Mannschaft spielt einen etwas stärkeren Fußball, als es noch in der letzten Saison unter Heynckes der Fall war. Verantwortlich dafür ist Trainer Guardiola, dessen System das Team inzwischen verinnerlicht hat. Der Spanier lässt nur mit einer Sechs spielen, das bedeutet, dass vor der Abwehr nur ein Spieler agiert. Und zum Staunen aller Experten führt weitestgehend Philipp Lahm diese Aufgabe hervorragend aus. Der Kapitän wurde allerdings auf diese Position versetzt, weil es während des gesamten Saisonverlaufs immer wieder zu verletzungsbedingten Ausfällen von Bastian Schweinsteiger, Javi Martinez und Neuzugang Thiago kam, und der Coach deswegen improvisieren musste.

Darüber hinaus sieht das Guardiola-System auch hin und wieder vor, auf den klassischen Mittelstürmer zu verzichten und mit einer falschen Neun zu operieren. Dafür eignen sich offensive Mittelfeldspieler wie Thomas Müller oder Neuzugang Mario Götze. Doch mittlerweile greift der Startrainer immer öfter doch auf die klassische Variante mit Mario Mandzukic im Sturmzentrum zurück, weil er zum einen seine offensiven Mittelfeldleute eher auf deren Stammpositionen gebrauchen kann und weil zum anderen der Kroate schon mehrfach bewiesen hat, dass er nicht zuletzt aufgrund seiner Kopfballstärke eigentlich unverzichtbar ist. Belege dafür sind die 12 Saisontore in der Liga und damit die meisten aller Bayernstars. Bekannt ist das System des Trainers auch dafür, nahezu in jedem Spiel eine veränderte Startelf auflaufen zu lassen. Entweder wird kräftig durchrotiert, oder Spieler werden auf andere Positionen versetzt. Immer so, dass Guardiola sein Team nahezu perfekt auf den nächsten Gegner ausrichtet. Und das führt fast immer zum Erfolg.

Ein wichtiger Faktor dieses Erfolgs ist auch der extrem qualitativ hochwertige Kader. Nahezu jede Position ist doppelt top-besetzt und so können Ausfälle immer kompensiert und Umstellungen vorgenommen werden, die zum Erfolg führen. Guardiolas Spiel ist das Ballbesitzspiel. Bayern kommt in aller Regelmäßigkeit in jeder Partie auf eine Ballbesitzquote zwischen 70 und 80 Prozent. Auch das ist maßgeblich für den Erfolg.

Guardiola und Bayern vor rosiger Zukunft

Pep Guardiola und der FC Bayern München bilden eine Partnerschaft, die sehr gut funktioniert. Der Trainer passt ins Konzept der Bayern und die Mannschaft passt ins Konzept des Trainers. Der Spanier setzt genau das um, was die Verantwortlichen von ihm erwarten und übertrifft die Erwartungen bisher sogar. Die Klubführung erwartet vom neuen Cheftrainer jedoch nicht, dass Triple zu verteidigen. Das wäre zu hoch gegriffen. Meisterschaft und Pokalsieg sind allemal drin für den FC Bayern in dieser Saison. Um eine Prognose für die Champions League abzugeben, ist der derzeitige Zeitpunkt etwas verfrüht. Hier wird im Halbfinale mehr Klarheit herrschen, wenn die Paarungen feststehen und die Gewissheit darüber herrscht, welche Klubs noch im Wettbewerb vertreten sind.

Guardiolas System funktioniert einwandfrei in München. Aber da der Spanier ein Perfektionist ist und nie wirklich zufrieden ist, kann damit gerechnet werden, dass die Zukunft noch weitere Verbesserungen im Spiel der Bayern mit sich bringen wird. Dafür steht der Trainer. Der Kader wird in Zukunft auch weiter verstärkt. Für die nächste Saison wurde bereits der Toptorjäger von Borussia Dortmund, Robert Lewandowski, verpflichtet. Weitere Stars sollen bald folgen. Guardiola und Bayern München – da blüht eine rosige Zukunft.

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