Italien ist wohl das einzige Land, in dem eigens eine Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft ins Leben berufen wurde, um gezielt gegen die Wettmafia vorzugehen, die seit Jahren Fußballspiele in Italien manipuliert. Erst im Mai dieses Jahres wurden Spieler und Verantwortliche von Klubs aus der dritten und vierten italienischen Liga festgenommen. Weltweit hat der beliebteste Sport des Globus mit Spielmanipulationen zu kämpfen – auch auf höchster Ebene, wie die jüngsten Ereignisse zeigen.
Manipulation auch bei der FIFA
Die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft an zwei Länder konnte die Justiz bereits nachweisen. Nicht nur die WM in Südafrika, sondern auch die Weltmeisterschaft in Frankreich 1998 sei aufgrund von Bestechungsgeldern in den jeweiligen Ländern ausgetragen worden, die dadurch natürlich auch wirtschaftlich profitierten. Die Aussagen des ehemaligen Mitglieds des FIFA-Exekutivkomitees Chuck Blazer belasten nicht nur ihn selbst, sondern auch weitere hochrangige Mitglieder des Fußballverbands.
Ob FIFA-Chef Blatter seinen Rücktritt wirklich „mangels Vertrauen“ bekanntgab, bleibt vor allem angesichts der Tatsache fraglich, dass das FBI derzeit Ermittlungen anstellt, aus denen hervorgeht, dass auch die Entscheidung zum Austragungsort der nächsten Turniere in Russland und Katar womöglich dank des finanzstarken Einsatzes der Länder zustande kam. Sepp Blatter sei von diesen Vorwürfen bislang noch nicht freizusprechen, so die US-Behörde.
Die Chronik des FIFA-Skandals
- Am Mittwoch, den 27.05., werden in einem Nobelhotel in der Schweiz sieben hochrangige FIFA-Funktionäre festgenommen, darunter zwei Vize-Präsidenten. Wenige Stunden später durchsucht das FBI das FIFA-Hauptquartier und beschlagnahmt hunderte Dokumente.
- Am Donnerstag, den 28.05., eröffnet der Wahlkongress der FIFA. UEFA-Präsident Michel Platini tritt vor die Presse und teilt mit, er habe Sepp Blatter in einem persönlichen Gespräch zum Rücktritt aufgefordert
- Am Freitag, den 29.05., steht der Tag der Präsidentschaftswahl an. Die UEFA gibt bekannt, die Wahl trotz vorheriger Androhung nicht boykottieren zu wollen. Im Anschluss wird Sepp Blatter erneut zum FIFA-Präsidenten gewählt.
- Am Samstag, den 30.05., hält Blatter vor dem FIFA-Exekutivkomitee seine Siegesrede und propagiert sich selbst als „Reformer“. Derweil bezeichnet der ehemalige FIFA-Vizepräsident Jack Warner seinen ehemaligen Amtskollegen als „Betrüger“.
- Am Dienstag, den 02.06., wird bekannt, dass Jérôme Valcke angeblich eine Fifa-General Valcke: Der Serienlügner von einem Fifa-Konto zu einem US-Konto angewiesen haben soll. Die FIFA weist diese Anschuldigung zurück. Wenige Stunden später erklärt Sepp Blatter auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt von der Amtsspitze nach 17 Jahren.
Der größte Wettskandal der Fußballgeschichte
Angesichts des größten Manipulationsskandals der Fußballgeschichte wirken die jüngsten Ereignisse in der FIFA wie ein Armutszeugnis für den Sport und ihre Organisatoren. 2013 waren es jedoch nicht die Funktionäre des Fußballs, die in den Fokus der Justizbehörden gelangten, sondern Spieler, Schiedsrichter und Trainer. Auch Buchmacher haben mit den Wettskandalen zu kämpfen. Als 2013 der große Manipulationsskandal bekannt wurde, sanken die Umsätze einiger Buchmacher um knapp 40 Prozent, die daraufhin wie folgt reagierten:
- Wettlimits: Auf Spiele, über die nur wenige Informationen bekannt sind, kann in der Regel weniger Geld gesetzt werden, da die Gefahr einer Manipulation höher ist. Meist liegt das Wettlimit bei 100 Euro.
- Gewinnlimits: Die meisten Buchmacher setzen Gewinnlimits. Diese liegen zumeist um die 50.000 Euro, die dann nur durch Kombiwetten erzielt werden dürfen. Sogar Gewinnlimits für einzelne Tage oder die gesamte Woche werden eingeführt.
- Personalisierung: Um höhere Gewinne einzufahren, setzen Wettbetrüger oftmals Strohmänner ein, die anonym wetten sollen. Seriöse Wettanbieter fordern daher gerade bei Online-Wetten eine Registrierung sowie einen Personennachweis ein.
- Zertifizierung: Gerade bei Online-Wetten ist es ratsam, nur bei geprüften, zertifizierten Buchmachern zu spielen.
Von einem „dichten kriminellen Netzwerk“ redete damals die europäische Polizeibehörde Europol. Die Organisation fand heraus, dass insgesamt 700 Spiele im Zeitraum von 2008 bis 2011 manipuliert wurden, darunter alleine 70 in deutschen Fußballligen. Selbst vor zwei WM-Qualifikationsspielen in Afrika und einer UEFA-Champions-League-Begegnung hat das Netzwerk keinen Halt gemacht.
Bis zu 100.000 Euro seien pro Spiel an Schiedsrichter und Spieler gezahlt worden. Hinter den Machenschaften steckte angeblich ein asiatisches Verbrechersyndikat sowie verschiedene russische Gangs. Diese konnten durch manipulierte Spiele bis zu acht Millionen Euro an Wettgewinnen einstreichen. Insgesamt sollen zwei Millionen Euro an Bestechungsgeldern ausgegeben worden sein. In Ländern wie beispielsweise Österreich wurde aus diesem Grunde ein Zentralbüro gegen Wettbetrug eingeführt, bei dem sich jeder melden kann, der eine mögliche Spielmanipulation befürchtet. Auch in anderen Ländern sollen zukünftig Maßnahmen gegen Wettbetrug ergriffen werden, um den Sport zu schützen.