Zigtausende strömen allwöchentlich ins graue Rund der Allianz Arena in München. Die Fans des FC Bayern und TSV 1860 pilgern aber nicht regelmäßig dorthin, um sich das schöne Stadion anzusehen. Es geht ihnen dort darum, einen Sieg ihrer mit Stars gespickten Mannschaft zu sehen – wobei diese Aussage auf Erstgenannte beschränkt werden muss. Inside 11 hat acht Orte auf dieser Welt gefunden, wo sich ein Stadionbesuch nicht nur des Fußballs wegen lohnt.
Nicht berücksichtigt wurden die bereits gut bekannten Fußballtempel wie Camp Nou, Bernabeu, Giuseppe Meazza oder Anfield.
Tianhe Stadium, Guangzhou Evergrande
In der 12-Millionen-Einwohner Metropole Guangzhou im Süden Chinas ist der Fußballklub Guangzhou Evergrande ansässig. Gegründet 1954, nach einigen Namens- und Führungsänderungen ist Guangzhou seit 1993 ein professioneller Fußballklub, in dem sich in jüngerer Vergangenheit auch gut bezahlte, in Europa gut bekannte Profis im Herbst ihrer Karriere tummelten. Nennen ließen sich hier Lucas Barrios, Alessandro Diamanti oder aktuell die Brasilianer Alan, Elkeson, Ricardo Goulart oder Rene Junior.
Sehenswert ist dieser aufstrebende, chinesische Fußball mit brasilianischem Flair und unter der Führung des ehemaligen Weltstars Fabio Cannavaro auf der Trainerbank mit Sicherheit. Hinzu kommt die Spielstätte der Chinesen: Das Tianhe Stadion, ein offenes, rundes Mehrzweckstadion mit der imposanten Skyline der Großstadt im unmittelbaren Hintergrund. Platz findet sich für knapp 60.000 Zuschauer.
Berücksichtigt wird in dieser Aufzählung aber natürlich auch, was sich verbunden mit einem Stadionbesuch noch machen ließe: So sind in der Stadt imposante Bauwerke wie der in der Nacht vielfarbig beleuchtete Canton Tower zu sehen, sehenswert sind außerdem der beschiffte Pearl River und die gesamte Region Guangdong – etwa drei Autostunden entfernt von der Metropole findet sich das, wie aus einer anderen Welt anmutende, farbige Sandsteingebirge Danxia.
Estadio Tierra de Campeones, Deportes Iquique
Der Verein Deportes Iquique entstand 1978 aus der Fusion von zwei regionalen Vereinen und konnte seitdem zweimal den chilenischen Pokal gewinnen, auf die nationale Meisterschaft wartet man noch. Der Verein ist stark regional geprägt, es spielen dort neben zwei Paraguayern und drei Argentiniern nur Chilenen. In der ersten Mannschaft der „Drachen“ ist seit dieser Saison auch das 16 Jahre alte nationale Toptalent Kevin Mellado zu finden. Als Groundhopper dürfte man es dort im Publikum kaum schaffen, nicht aufzufallen.
Gespielt wird im Estadio Tierra de Campeones, Tierra de Campeones bedeutet „Land der Meister“. 12.000 Fans kommen hier unter, das fast komplett in hellblau gehaltene Stadion grenzt an der einen Seite an die Häuser der Küstenstadt Iquique, an der anderen Seite an die sich hoch auftürmende Atacamaüste. Ein Anblick für sich, der für die extremen klimatischen Bedingungen in Chile im Gegensatz zur wie zum Trotz vorherrschenden Fußballbegeisterung steht – nur eine riesige Sanddüne trennt die 180.000-Einwohner-Stadt von absolut lebensfeindlichen Bedingungen.
Ist man schon einmal in Iquique, sollte man sich den Anblick der größten Salzpfanne der Erde, der etwa 300 Kilometer entfernten Uyuni de Salar in Bolivien, nicht entgehen lassen. Bei Regenfällen bietet sich mit „dem größten Spiegel der Welt“ ein spektakulärer Anblick.
Strahov-Stadion, AC Sparta Praha B & Jugend
Willkommen im größten Fußball-Stadion dieser Erde – dem Strahov-Stadion in der tschechischen Hauptstadt Prag. Das Stadion wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet und fasst sage und schreibe 250.000 Zuschauer. Acht Fußballfelder befinden sich im Stadion – während andere Stadiongiganten sehr hoch sind, ist dieses einfach nur unglaublich groß.
Früher fanden hier Turnveranstaltungen und Spartakiaden statt, heute wird das Stadion beispielsweise für Rockkonzerte genutzt. Außerdem finden hier die Heimspiele von der viertklassigen zweiten Mannschaft von Sparta Prag sowie deren Jugendmannschaften statt.
Das Strahov-Stadion ist vergleichsweise nah gelegen und einen Ausflug ins größte Stadion der Welt hat noch niemand bereut. Umso besser, wenn man gleichzeitig Fußball auf hohen Niveau verfolgen kann. Zudem ist die „Goldene Stadt“ Prag auf jeden Fall eine Besichtigung wert. Wem das fußballerisch zu wenig ist, kann ja zusätzlich ein Spiel der Ersten von Sparta Prag in der modernen GENERALI-Arena besuchen.
Yuba Bharati Krirangan, Atletico de Kolkata
In der im letzten Jahr gegründeten Indian Super League findet sich unter anderen Atletico de Kolkata, ein mit europäischen Altstars gespickter Verein, der seine Heimspiele im Yuba Bharati Krirangan, dem „Salt Lake Stadium“ austrägt. Die I-League-Clubs Mohun Bagan AC, Kingfisher East Bengal, Mohammedan Sporting Club und Prayag United tragen hier außerdem ihre Heimspiele aus, die Spiele von Kolkata sind aber sehenswerter – warum?
Frenetisch und mit riesiger Begeisterung verfolgten die Zuschauer die wenigen Spiele der ersten ISL-Saison, besonders im riesigen Yuba Bharati Kriringan (Kapazität nach Renovierung 60.000 Zuschauer) war die Stimmung unglaublich gut. Über 40.000 Zuschauer kamen hier durchschnittlich, von denen ausnahmslos alle auf jede noch so kleine sehenswerte Aktion auf dem Spielfeld mit Geschrei und Applaus reagierten.
Ein für den verwöhnten deutschen Fußballfan unvorstellbares Erlebnis, welches man allenfalls bei David-gegen-Goliath-(Pokal-)Spielen zu sehen bekommt – und selbst dann nicht im indischen Format. Selbst übers TV war die aufgeheizte Stimmung gut zu spüren.
Sehenswert sind in Kalkutta außerdem die vielen Museen, die Nationalbibliothek und die lebendige Theater-, Musik- und Filmszene. Die 4,5 Millionen-Einwohner-Stadt gehört eindeutig zu den Bildungs- und Kulturzentren des Landes.
Ottmar-Hitzfeld-Arena, FC Gspon
Der FC Gspon ist an sich ein äußerst uninteressanter Verein, der in der schweizerischen Spielklasse „Bergdorfmeisterschaft“ in der Gruppe A spielt. Wäre da nicht diese Ottmar-Hitzfeld-Arena – der höchstgelegenste Fußballplatz Europas auf 2000 Metern über Normalnull.
Der Kunstrasenplatz dort wurde bereits von Sepp Blatter, Ottmar Hitzfeld und Timo Konietzka besucht – eine Anreise per Auto ist nicht möglich. Das letzte Stück muss über eine Seilbahn und zu Fuß zurückgelegt werden.
2008 wurde dort die Bergdorf-EM ausgerichtet, an der Mannschaften aus den Niederlanden, Italien oder auch Spanien teilnahmen. Die Gäste konnten den unbeschreiblich guten Alpenpanorama-Blick genießen, den man dort zu sehen bekommt. Spiele dort können angenehm über die darüber gelegene Bergwiese verfolgt werden. Das beschauliche Bergdorf Gspon ist also definitiv einen Besuch wert!
Gospin Dolac, NK Imotski
Der kroatische Club NK Imotski aus dem Zentrum des Landes fristete lange ein Amateurdasein, seit einigen Jahren spielt man aber konstant in der zweiten Liga. Besonders ist in Imotski vor allem das Stadion: Es wird begrenzt durch die darunter liegende Stadt, eine schroffe Felsenwand, die daraufliegende Burg und dem dahinter liegenden „Blauen See“. Einmalig!
Auch wenn die Lage ein wenig umständlich anmutet, finden hier 4000 Zuschauer Platz. Schade aber: Falls Imotski eines Tages den Aufstieg in die höchste kroatische Spielklasse packen sollte, müsste man in ein anderes Stadion umziehen, da das Gospin Dolac die Richtlinien des Verbandes nicht erfüllt.
Auch sonst ist die Gegend um Imotski sehr sehenswert: Zur Besichtigung empfehlen sich die schon erwähnte Festungsburg Topana und der zwei Millionen Jahre alte „Rote See“ – die größte wassergefüllte Einsturzdoline der Welt: Wassertiefe fast 300 Meter, Abstand vom Wasser zum Kraterrand: 250 Meter! Auch die Adria ist nur 20 Kilometer entfernt.
Stadio Alberto Picco, A.S.D. Spezia Calcio
Der italienische Zweitligist Spezia Calcio wurde 1906 gegründet, konnte sich aber nie als Topmannschaft in Italien etablieren. Nichtsdestotrotz wird in Spezia seit Jahrzehnten professionell Fußball gespielt. Warum nach Spezia fahren und Fußball schauen?
Spezia mischt derzeit im Aufstiegskampf der Serie B noch voll mit, spannende und leidenschaftliche Spiele sind somit garantiert. Einen großen Teil zur Stimmung tragen auch die allzeit lautstarken Fans bei, die den Spielen im Stadio Alberto Picco beiwohnen. Das Stadion selbst ist sehenswert: Mit gut 10.000 Plätzen eher klein liegt es unmittelbar am Hafen, man kann von der Tribüne das Geschehen dort beobachten. Sehnswert ist auch das steinerne, mit Skulpturen geschmückte, antik anmutende Eingangstor.
Eine weitere absolute Sehenswürdigkeit der Region sind die Cinque Terrre, gerade mal 30 Autominuten entfernt – eine malerische, steile Küstenlandschaft mit pittoresken, alten Orten.
Uummannaq Stadium, FC Malamuk
Es zieht uns jetzt an einen sehr entlegenen Ort dieser Welt: Nach Uummannaq, was übersetzt etwa „Der Robbenherz-Förmige“ bedeutet. Der 1250 Einwohner zählende Ort liegt an der Westküste Grönlands, es ist unglaublich, dass selbst hier, unter widrigsten Bedingungen, Fußball gespielt wird.
Uummannaq selbst ist eine kleine Insel, auf der nahen Küste, in Qaarsut, befindet sich ein Flughafen. Uummannaq selbst ist nur per Boot oder Hubschrauber zu erreichen. Trotz allem gibt es hier einen Fußballverein, den FC Malamuk, der in der höchsten grönländischen Spielklasse mitmischt. Die Meisterschaftsrunde dauert nur zwei Wochen, da im Rest des Jahres die klimatischen Bedingungen nicht mehr hergeben.
In eben diesen zwei Augustwochen wird das Uummannaq Stadion bespielt. Ein Fußballplatz, in Felsen eingebettet, die gleichzeitig als Tribüne dienen – bis auf eine Längsseite, die zum mit Eisbergen übersäten Wasser zeigt. Größtenteils Einheimische verschlägt es zu den Meisterschaftsspielen auf die Felsen, doch ab und an verirrt sich auch der ein oder andere Kajaktourist hier her. Es ist nicht bekannt, ob es bis jetzt einer bereut hätte.