Die neue Macht der Fußballfans

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Es ist das Bundesligaspiel zwischen dem Karlsruher SC und dem 1. FC Nürnberg. Die Nürnberger gehen sang- und klanglos mit 3:0 unter und die Kritik an Trainer Ismael wird immer lauter. Das Schlimmste folgt allerdings nach dem Spiel: Geschlossen marschiert die Nürnberger Mannschaft in die Kurve, um den wütenden Fans Rede und Antwort zu stehen. Doch nach den Konfrontationsgesprächen mit den Fans folgt das Erschreckende.

Die Fans beginnen die Spieler aufzufordern, ihr Trikot auszuziehen und es abzugeben, weil sie nicht würdig seien, das Nürnberg-Trikot zu tragen. Unter Tränen geben die Spieler ihre Trikots ab und marschieren mit nacktem Oberkörper in die Kabine. Klub-Bosse und Verantwortliche sind geschockt von der Dreistigkeit und dem Einfluss, den die Fans mittlerweile haben. Für die Fans ist es eine Demonstration ihrer eigenen Macht. Eben diese nimmt in den letzten Jahren gravierend zu.

Nürnberg ist kein Einzelfall

Die Fans gewinnen immer mehr an Einfluss in ihren Klubs und dass ist in Nürnberg kein Einzelfall. Bereits vor zwei Jahren geschah ähnliches in Genua. Hier gingen die Fans allerdings so weit, dass sie den Platz stürmten und auch hier die Spieler dazu zwangen, ihre Trikots abzugeben. Immer wieder gibt es ähnliche oder sogar schlimmere Vorkommnisse und zwar weltweit. Drohungen oder sogar Handgreiflichkeiten sind an der Tagesordnung. Die Fußballfans nehmen sich immer mehr Macht, die ihnen niemals zugestanden hat.

So auch geschehen in Hamburg, in der letzten Saison. Der HSV, verliert zu Hause 1:3 gegen den Vfl Wolfsburg. Der Abstieg ist für viele Fans schon beschlossene Sache. Die Wut auf die eigene Mannschaft entlud sich dann auf dem Parkplatz, wo der Wolfsburger Bus stand. Rund 120 HSV-Fans versammelten sich vor diesem Parkplatz und versuchten diesen zu stürmen. Nur eine massive Polizeipräsenz verhinderte schlimmeres. Der Wolfsburger Bus konnte nur unter Polizeischutz den Parkplatz verlassen. Ein weiterer erschreckender Übergriff der Fans, deren Grenzen immer geringer zu sein scheinen.

Das Schlimme ist, dass dies nicht der erste und einzige Übergriff auf die Hamburger war. Auch in der letzten Saison, nach der Heimniederlage gegen Hertha BSC, versammelten sich gut 200 Fans des HSV vor dem Stadion und forderten eine Konfrontation mit den Spielern. Als einige der Spieler sich den Fans stellen, eskaliert die Situation und die Aggressionen schaukeln sich hoch. Die Polizei verhindert Handgreiflichkeiten gegenüber der Spieler. Diese werden dann allerdings auf dem Weg zu ihren Autos geschubst und es wird gegen ihre Autos getreten. Viele Spieler sehen nach dieser Aktion sehr mitgenommen aus.

Einfluss der Fans sollte seine Grenzen haben

Bei all diesen Vorkommnissen stellt sich die Frage: Wie viel dürfen sich die Fußballfans von heute erlauben? Und wo liegen die Gründe für diesen Wandel?

Fans behandeln die Spieler mittlerweile, als wäre es ihre Pflicht, zur Zufriedenstellung der Fans beizutragen. Pfiffe und Anfeindungen sind dabei mittlerweile noch das kleinste Übel. Der Fehler ist, dass die Fans Woche für Woche merken, dass sie zumeist ungestraft oder mit milden Strafen davon kommen. Zugriff finden die Fans auch über die sozialen Netzwerke. Morddrohungen sind keine Seltenheit mehr. Spätestens bei solchen Aktionen sollten die Verantwortlichen merken, dass die Fans zu einer sehr großen und leider auch gefährlichen Macht geworden sind.

Ärger und Wut sind verständlich

Es ist total verständlich, wenn sich die Fans ein Ventil suchen, um ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Wenn es dann allerdings soweit geht, dass Spieler mit Morddrohungen und übelsten Beleidigungen konfrontiert werden und um ihre eigene Sicherheit fürchten müssen, sollte dem ein Riegel vorgeschoben werden. Fußballer sind Menschen wie Alle anderen auch und sollten auch als solche behandelt werden. Schlechte Leistungen rechtfertigen nicht ansatzweise eine solch brutale und kränkende Vorgehensweise.

Wenn der Lieblingsspieler zum verhassten Verein wechselt, ist Ärger und Wut verständlich. Doch viele Fans sollten überlegen, in welcher Art und Weise diese Wut vorgetragen wird. Die größte Gefahr dabei ist, dass den Fans für ihre Anfeindungen auch noch eine Plattform geboten wird und sie sogar maßgeblich an Entscheidungen des Vereins teilhaben. Der Einfluss der Fans sollte definitiv seine Grenzen haben.

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