Zu teuer! Oder: Zu schlecht! Das Winter-Transferfenster hat bei vielen Bundesliga-Managern nicht gerade den besten Ruf. Dabei gibt es sie, die Winter-Transfers, die hinhauen. Seien es teure Spieler, die später noch teurer verkauft werden – oder echte „Lebensretter“, ohne die der ein oder andere Verein längst nicht mehr in der Bundesliga wäre. Inside 11 listet die Erfolgsgeschichten der letzten fünf Winter auf.
Hektik hier, Gelassenheit dort
Wer im Sommer einen guten Job gemacht hat, der braucht den Winter nicht. Gelassen kann der Bundesliga-Manager, dessen Team die sportlichen Erwartungen in der Hinrunde erfüllt hat, dem hektischen Treiben seiner Amtskollegen, die wiederum den Zielen hinterherhinken, zuschauen.
Hat er Glück, klopft einer der Kollegen wegen einem seiner Spieler an, der sportlich gar nicht mehr zum engeren Kreis gehört und nimmt diesen von der eigenen Gehaltsliste. Hat er ganz viel Glück, zahlt der zum „Liefern“ gezwungene Amtskollege auch noch eine viel zu hohe Ablöse. Schön muss es sein, wenn man zum Winter gut dasteht!
Viele Manager verfluchen sie, die sogenannte „Wechselperiode „II“. Im Sommer sind sie alle voller Tatendrang: Ein südamerikanischer Torjäger hier, ein osteuropäisches Talent dort – das geflügelte Wort vom „personellen Umbruch“ verbreitet mancher Verein gefühlt jährlich. Für die Spielerberater herrscht Goldgräber-Stimmung. Für die Sportredaktionen ebenso, Live-Ticker vom Flughafen oder Vereinsgelände lassen erst gar kein Sommerloch entstehen.
„Der Winter ist zu teuer!“
Im Winter ist alles anders: Wenn vom 1. bis zum 31. Januar eingekauft werden darf, geht es meist um Verlegenheitstransfers. Am liebsten ist es den Managern wohl, wenn sie im Winter gar keine Transfers tätigen müssen. Oder schon mal auf den Sommer vorgreifen können, um einem Talent eine längere Zeit zur Akklimatisierung zu gewähren.
Doch tiefschneidende Eingriffe in der Winterpause? Äußerst unbeliebt. Zu teuer, laufen doch in der Regel keine Verträge aus. Zu teuer, muss man den Spielern doch den Abstiegskampf extra schmackhaft machen.
Das Wintertransferfenster als Notausgang, als letzter Anker auf dem Weg zu Rettung. Da verwundern folgende Zahlen nicht: 2015 gab es in der Bundesliga im Sommer 234 Zugänge, im Winter 38. 2014 lag das Verhältnis bei 216 zu 49 und 2013 bei 227 zu 60. Dennoch gibt es sie, die Transferhammer im Winter.
Teuer gekauft, noch teurer verkauft
Im letzten Winter knackte der VfL Wolfsburg mal eben den Winterrekod: André Schürrle kam für über 30 Millionen von Chelsea. Richtig eingeschlagen hat der aber nicht. Und dennoch haben die Niedersachen bereits ihr gutes Winter-Händchen unter Beweis gestellt. Zu Jahresbeginn 2012 wechselten mit Vierinha (etwa 4 Millionen, aus Saloniki) und Ricardo Rodriguez (etwa 8,5 Millionen, aus Zürich) zwei Spieler zum VfL, die schnell und bis heute zu den absoluten Leistungsträgern gehörten.
Rodriguez könnte demnächst in eine VfL-Parade-Kategorie aufsteigen: Teuer gekauft, noch teurer verkauft! Das ist dem VfL nämlich im Winter 2013 gelungen, als Ivan Perisic für 8 Millionen aus Dortmund kam – und starke zweieinhalb Jahre später für das doppelte zu Inter ging.
Noch krasser war das Phänomen natürlich einen Winter später: Kevin De Bruyne, über 20 Millionen schwer, kam fest von Chelsea, stampfte eineinhalb Jahre die Bundesliga in den Boden und ging vor der aktuellen Saison für geschätzte 75 Millionen zu Manchester City. Hoffenheim ist das übrigens auch einmal geglückt: Roberto Firmino, vor der Saison für rund 40 Millionen zu Liverpool, kam 2011 aus Brasilien in den Kraichgau – im Januar.
Gesucht, gefunden: Lebensretter
Nun sind die Transfers des VfL Wolfsburg natürlich eine andere Kragenweite als das, was der Großteil der Bundesliga stemmen kann. Das soll die zuletzt gute Winterarbeit in Niedersachen nicht schmählern – interessant wird es aber, wenn Vereine ums Überleben kämpfen und im Winter tatsächlich ihren Retter finden. Im letzten Winter gelang das gleich drei Vereinen. Gut, alleinige Retter sind natürlich alle drei Spieler nicht – ausmalen, wie es ohne sie ausgegangen wäre, will man sich in Bremen, Stuttgart und vor allem Hamburg trotzdem nicht.
No Díaz, no Dino
Denn Marcelo Díaz, genau der Díaz, war ein Wintertransfer des HSV! Im letzten Jahr holten die Hamburger den Chilenen aus Basel. Zwar kam der der Mittelfeld-Stratege in der Rückrunde nur sporadisch zum Einsatz, sein großer Auftritt sollte indes noch folgen. Es reichen die Stichworte: Relegation, Wildpark, Nachspielzeit, Klassenerhalt. Wintertransfer Díaz – passenderweise in diesem Winter nach Spanien gewechselt – rettete dem Dino sein Alleinstellungsmerkmal und bleibt auf ewig Geschichte in Hamburg.
Rettung in höchster Not
Etwas weniger dramatisch brachten die beiden anderen entscheidenden Transfers von Abstiegskandidaten ihre Teams in der letzten Rückrunde auf Kurs. Doch sowohl Serey Dié in Stuttgart als auch Jannik Vestergaard in Bremen hatten ganz entscheidenden Anteil daran, dass ihre Teams die Klasse halten konnten.
Dié verlieh der Stuttgarter Defensive in der Rückrunde nicht nur Stabilität, viel mehr kurbelte er aus der Mittelfeld-Zentrale die Angriffe seines Teams an und wurde damit zur unverzichtbaren Stütze auf dem Weg, am Ende doch einen Punkt über dem Strich zu stehen.
Bei den Bremen war die Veränderung von Hin- zu Rückründe noch gravierender. Zur Halbzeit der vergangenen Saison stand Werder noch auf dem Relegationsplatz, am Saisonende war es der zehnte Rang. Die schlechteste Defensive der Liga fing sich nach 39 (!) Gegentoren vor dem Winter, in der Rückrunde nur noch 26. Dabei unverzichtbar: Innenverteidiger Jannik Vestergaard, im Winter aus Hoffenheim gekommen, defensiv unentbehrlich und offensiv bei Junuzovic-Standards ein ständiger Unruheherd. Apropos Junuzovic: Den hatte Werder 2012 geholt. Im Winter.
Kleines Geld, große Wirkung
Darüber hinaus gibt es im Winter im wieder Transfers, die über die Erwartungen performen und recht günstig waren. Mame Diouf kam im Winter 2012 nach Hannover, kostete unter 2 Millionen Euro und dankte es anschließend mit 39 Torbeteiligungen in 56 Bundesliga-Einsätzen. Unvergessen auch die zwei starken Europapokal-Spielzeiten der 96er, in elf Spielen hatte Diouf hieran mit acht Torbeteiligungen einen großen Anteil.
Zwei Winter in Folge gute Schnäppchen schoss auch der FC Augsburg. 2012 kam Matthias Ostrzolek, einen Winter später André Hahn. Beide wurden unter Markus Weinzierl zunächst Leistungsträger, anschließend mit hoher Gewinnmarge weiterverkauft. Und auch Borussia Mönchengladbach bewies 2011 ein gutes Winter-Händchen, als Martin Stranzl aus Moskau kam: Der Österreicher verhinderte am Niederrhein erst tatkräftig den Abstieg und wurde anschließend Schlüsselspieler beim rasanten Aufstieg der Gladbacher bis in die Champions League.
Transfers ohne Erfolgsgarantie
Diesen Winter gibt es sie wieder. Die Manager, die hektisch nach dem Retter Ausschau halten und die Manager, die von sich aus gar nichts tun müssen. Bis zum 1. Februar haben alle Parteien noch Zeit für Transfers. Positive Beispiele, dass auch im Winter wichtige Weichen gestellt werden können, gibt es zuhauf – in jeder Preisklasse, in jeder Tabellenregion.
Dass das aber natürlich auch gehörig daneben gehen kann, machen die Winter-Transferbewegungen einiger Absteiger der letzten Jahre deutlich: Nürnberg (vier Zugänge), Düsseldorf (fünf Zugänge), Fürth (sieben Zugänge). Es ist eben nicht immer Alles schlecht – aber auch nicht immer Alles gut.