Lange Jahre war Liverpool mit 18 Meisterschaften englischer Rekordmeister. Seit Einführung der Premier League konnten die Reds allerdings kein einziges Mal mehr Meister werden, sodass sie inzwischen von Erzrivale Manchester United abgelöst wurden. Nach einigen mittelmäßigen Spielzeiten macht sich Liverpool mit einem neuen Trainer auf, wieder an alte Erfolge anzuknüpfen. Inside 11 über die Entwicklung der Reds unter Brendan Rodgers.
Krise und Veränderungen
An der Anfield Road herrschte lange Zeit ein Kampf gegen die Eigentümer des FC Liverpool, George Gillet und Tom Hicks. Die beiden US-Amerikaner hatten Darlehen in Höhe von über 200 Millionen Pfund aufgenommen und diese auf den Verein übertragen. Eine Last, unter der der Verein heftig litt. Am 15. Oktober des Jahres 2010 sollte das Darlehen der Royal Bank of Scotland fällig werden, die Eigentümer jedoch konnten oder wollten diesen Betrag nicht bezahlen.
Liverpool stand vor dem Bankrott, sollte sich nicht bis zu diesem Tag ein Käufer finden. Das US-amerikanische Unternehmen New England Sports Ventures bekam nach zähen Verhandlungen für geschätzte 300 Millionen Pfund den Zuschlag. Die bisherigen Besitzer, Hicks und Gillet, waren mit diesem Preis nicht einverstanden, weswegen sie vor Gericht zogen, dort aber unterlagen.
Neue Hoffnung durch Übernahme
Die Übernahme durch New England Sports Ventures ließ bei den Anhängern der Reds wieder Hoffnung aufkommen, schließlich hatte die Gruppe bereits durch den Wiederaufbau des in den USA beheimateten Baseball-Klubs Boston Red Sox von sich reden gemacht. Das nötige Know-How schien also vorhanden und das versprach mehr Ruhe im Verein.
Rein sportlich gesehen lief es jedoch weiterhin nicht besonders gut. Unter Vereins-Ikone Kenny Daglish belegte Liverpool am Ende der Spielzeit 2010/11 einen 6. Platz, in der Folgesaison sogar nur Platz acht. Viel zu wenig für die Ansprüche des FC Liverpool. Immerhin konnte Daglish in seiner zweiten und Saison noch den League Cup an die Anfield Road holen, was gleichbedeutend mit der Qualifikationsrunde zur Europa League war.
Das erlebte Kenny Daglish dann aber nicht mehr als Cheftrainer der Reds, denn im Sommer konnte mit dem Nordiren Brendan Rodgers ein noch junger Trainer vom Ligarivalen Swansea City losgeeist werden, der für modernen und technisch anspruchsvollen Fußball steht.
Die Ära Rodgers
Rodgers übernahm einen Verein, dessen Kader aus mittelmäßigen Spielern bestand und deren Gehalt im Verhältnis zu ihrem Wert für das Team deutlich zu hoch war. Einige Akteure mussten den Verein verlassen, die meisten davon schon im fortgeschrittenen Fußballeralter. Im Gegenzug kamen fünf Neue an die Anfield Road, von denen jedoch bis auf den aus Swansea mitgebrachten Joe Allen aus den unterschiedlichsten Gründen keiner wirklich eine Rolle spielt.
Im Winter bekam Brendan Rodgers mit Daniel Sturridge und Philippe Coutinho dann noch zwei der aktuellen Leistungsträger zur Verfügung gestellt. Im Zusammenspiel mit Luis Suarez ließen die beiden Neuzugänge ihre Qualität aufblitzen, schlussendlich reichte es aber nur zu einem 7. Platz und damit einer Saison ohne internationalen Wettbewerb.
Verbesserung dank weiterer Verstärkungen
Während der vergangenen Sommerpause trieben die Verantwortlichen um Sportdirektor Ian Ayre und Coach Brendan Rodgers die Planungen voran, der Kader wurde weiter verändert. Missverständis Andy Carroll wurde für circa 15 Millionen Pfund – was nicht einmal der Hälfte seiner usprünglichen Ablöse entsprach – abgegeben und auch verdiente Profis wie Pepe Reina, der nach Neapel verliehen wurde, mussten Platz für Jüngere machen.
Seinen Platz nahm der aus Sunderland verpflichtete Simon Mignolet ein. Der belgische Nationaltorwart entwickelte sich in dieser Spielzeit zu einem sicheren Rückhalt und hat Reina schon vergessen gemacht. Des Weiteren wurden neben Kolo Touré und Mamadou Sakho noch fünf Spieler verpflichtet, die aber in der abgelaufenen Saison nur zu verhältnismäßig wenig Spielanteilen kamen.
Meisterschaft knapp verpasst
Liverpool startete mit der Maximalausbeute von neun Punkten aus den ersten drei Partien in die Saison, unter den Siegen auch ein 1:0-Erfolg über Erzrivale Manchester United. Nach der Hinrunde standen 36 Punkte und Platz fünf zu Buche. In der Rückrunde drehten die Reds noch weiter auf und konnten sage und schreibe 48 der möglichen 57 Punkte einfahren, eine Wahnsinns-Quote!
Für die Meisterschaft sollte es aber nicht reichen, denn wie seit Sonntagnachmittag feststeht, ist Manchester City nicht minder verdient englischer Meister. Ein Ausrutscher am vorletzten Spieltag bei Crystal Palace, als man mit 3:0 vorne lag, in der Nachspielzeit aber noch den überraschenden Ausgleich kassierte, zerschlug die Meisterschaftsträume der Reds. Daran konnte auch der 2:1-Sieg am letzten Spieltag gegen Newcastle nichts mehr ändern.
Die Säulen des Erfolgs
Auch wenn der ganz große Wurf verpasst wurde, eine tolle Saison war es allemal, die die Reds gespielt haben. Der Erfolg kommt aber nicht von ungefähr, dahinter stecken einige taktischen Kniffe von Trainer Brendan Rodgers, dessen Rolle gar nicht hoch genug bewertet werden kann. Er setzte die lebende Legende Steven Gerrard auf die Sechserposition, in einem 4-3-3 mit einem defensiven und zwei offensiven Mittelfeldspielern.
Gerrard, der vorher einen deutlich offensiveren Part eingenommen hatte, ließ sich nun oftmals zwischen die weit auffächernden Inneverteidiger fallen und organisierte das Spielgeschehen. Seiner Torgefährlichkeit tat das aber keinen Abbruch, denn unter dem Strich stehen starke 13 Tore und ebenso viele Vorlagen.
Offensiv gefährlich, aber anfällig für Konter
Insgesamt war Liverpool extrem torgefährlich, nur Manchester City (102) erzielte mehr Tore als Liverpool (101). Ein Faktor war hierbei der Uruguayer Luis Suarez, der 31 Treffer selbst erzielte und noch einmal 21 weitere auflegte. Nicht umsonst wurde er gerade erst zum Spieler der Saison in der Premier League gewählt. Die Offensive der Reds nur auf Suarez zu beschränken, wäre jedoch nicht richtig, schließlich trugen auch Sturridge und Sterling mit ihren Treffern zum Erfolg bei.
Rodgers gewährt seinen Offensiven eine Menge Freiraum, wodurch der Gegner sie aufgrund ihrer Beweglichkeit nicht zu fassen kriegt. Die offensive Ausrichtung bedeutet natürlich im Umkehrschluss, dass die Defensive etwas darunter leidet, so zeigte sich Liverpool oftmals anfällig bei Kontern.
Ausblick auf die nächste Saison
Rodgers setzt auf junge englische Spieler, mit Sturridge, Sterling, Henderson, Flanagan und Gerrard zählten gleich fünf Engländer zum Stammpersonal. Zum Vergleich: Bei anderen Spitzenvereinen wie Arsenal stand zuweilen nur ein einziger Engländer in der Startformation. Und mit Jordan Ibe wartet der nächste Jungspund aus der eigenen Akademie nur auf seine Chance. Diese wird er mit Sicherheit bekommen, ähnelt er vom Spielertypen doch dem quirligen Raheem Sterling, der es sogar bis in den Kader für die Weltmeisterschaft geschafft hat.
Auch in puncto Transfers basteln Ian Ayre und Brendan Rodgers schon am Kader für die neue Saison. Da man hier in der Champions League vertreten sein wird, muss der Kader in der Breite verstärkt werden. Englische Medien vermelden übereinstimmend, der Transfer von Nationalspieler Adam Lallana von Southampton zu Liverpool sei so gut wie perfekt.
50 Millionen Pfund liegen bereit
Des Weiteren soll Interesse an seinem Teamkollegen Luke Shaw bestehen, um den sich aber wohl auch die beiden Klubs aus Manchester und Chelsea bemühen. Zudem wird Liverpool auch mit einem Transfer des Cardiff-Innenverteidigers Steven Caulker in Verbindung gebracht, der trotz des Abstiegs eine gute Saison gespielt hat. Auch ranken sich immer wieder Gerüchte um einen möglichen Abgang von Daniel Agger, von dem vermutet wird, dass Barcelona Interesse zeigen soll.
Angeblich sollen Rodgers im Sommer gut 50 Millionen Pfund für neue Spieler zur Verfügung stehen. Eine Summe, mit der sich auch Hochkaräter anlocken lassen, die Champions League dürfte ein weiteres gutes Argumet sein. Man darf gespannt sein, was sich an der Anfield Road tut und was der FC Liverpool in der neuen Saison ereichen kann.