Warum Spitzentrainer die begehrtesten Personen im Fußball sind

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Das aktuelle Beispiel Real Madrid zeigt mal wieder: Mehr Trainer braucht die Welt! Während das Fußball-Universum über die großen Techniker und Torjäger spricht, geht unter, dass die begehrtesten Personalien mitunter kaum mehr die Ballkünstler sind – sondern die starken Männer an der Seitenlinie.

Rar gesäte Toptrainer

Real Madrid sucht einen neuen Torhüter? Na klar, De Gea wird es sein, alles eine Frage der Zeit. Nachschub im Mittelfeld gefällig? Ein gewisser Pogba würde sich bestimmt über ein Angebot freuen. Und offensiv scheint mit Hazard auch ein Superstar im fernen London recht unglücklich. Sucht ein Topclub einen neuen Spieler, wird er einen finden.

Doch was ist, wenn ein Spitzenverein einen Trainer sucht? Einen, der eine Mannschaft voller Superstars taktisch weiter bringt und lang ersehnte Erfolge einfährt. Jemanden, der schnell die richtigen Ansätze finden und nach Möglichkeit auch langfristig eine fußballerische Identität schaffen kann. Das wird dann plötzlich schwierig.

Nicht jeder Ballkünstler wird zum Taktikgott

Es gibt Toptrainer, zweifelsohne. Aber zu wenige für zu viele ambitionierte Vereine. Am Beispiel Real Madrid lässt sich das gut erkennen: Pep Guardiola wird zwar frei, kommt aber als Katalane beidseitig nicht in Frage. Carlo Ancelotti hatte man eben vom königlichen Hof gejagt. José Mourinho war auch schon mal da und Diego Simeone coacht leider ausgerechnet den Stadtrivalen. Also wagt man den mutigen – oder doch verzweifelten – Schritt und wählt die romantische Lösung mit Zinédine Zidane.

Der Franzose ist dem Club verbunden und wird von den Fans geliebt. Dazu war er ein überragender Fußballer, lange Zeit wohl der Beste der Welt. Dass allerdings gute Spieler längst nicht automatisch gute Trainer werden, dürfte seit Matthäus und Maradona den meisten klar sein.

Im Gegenzug waren die meisten Toptrainer sehr gute Spieler, aber längst nicht alle: José Mourinho und Jürgen Klopp sind Beispiele, die zeigen, dass man als Trainer deutlich mehr können muss als zwanzig Jahre zuvor anständig gegen den Ball getreten zu haben.

Was Trainer heutzutage können müssen

Aber was muss ein Trainer denn nun alles können? Selbstverständlich muss er in technisch-taktischen Aspekten sattelfest sein. Er soll einer Fußballmannschaft neue Dinge beibringen können. Ob er diese Fähigkeiten aus eigener Spieler-Erfahrung hat oder durch eine umfassendere Fußballlehrer-Ausbildung erwarb, dürfte hierbei einerlei sein. Hauptsache, der Coach bringt großes Wissen mit.

Doch muss er dieses auch verständlich vermitteln können. Was bringt es, wenn er die umfassendsten Lösungen im Kopf herumschwirren hat, er sie aber nicht so formulieren kann, dass die Kicker sie verstehen und auf den Platz bringen können? Dazu gehört eine gewisse Sprachfertigkeit, wohl auch zumindest die grundlegende Beherrschung einiger Sprachen und wohl auch ein gesundes Mass an rhetorischen Fähigkeiten. Man will ja nicht, dass der Spielmacher während der Taktiksitzung einnickt.

Im Bereich Mannschaftsführung kommen zum perfekten Trainer noch mehr Eigenschaften hinzu. Psychologisch braucht er ein Gespür für die einzelnen Akteure. Wer braucht Aufmunterung? Spielt Ronaldo besser mit Streicheleinheiten? Oder kommen vom Torwart die besten Leistungen, wenn er sich ungerechtfertigt kritisiert fühlt? Ist das Gegenteil der Fall und dessen Patzeranfälligkeit steigt? Einige der schwieriges Fragen, denen sich ein Trainer im täglichen Umgang mit der Mannschaft zu stellen hat.

Und dann sind da noch die Medien

Ein heikles Thema, dass aber in der heutigen Zeit der fast schon 24-Stunden-Berichterstattung vermehrt aufkommt, ist der mediale Umgang. Neben täglichen Pressekonferenzen sind mittlerweile auch Reporter oft beim täglichen Training dabei, dazu kurz vor und nach Spielen, wenn der Coach nervös oder anderswie aufgewühlt ist. Ständige Professionalität ist gefragt.

Während für die einen Trainer die Medien durchwegs nützlich waren — Mourinho verstand es lange Zeit prächtig, die Mannschaft zu entlasten und Klopp sammelt fast täglich fleißig Sympathie-Punkte über mediale Wege — zeigen andere ihre Probleme und machen wenig Hehl daraus, dass sie ungerne Interviews geben. Dies kann sich nachteilig auswirken im Falle einer Krise, denn immer noch wirken beispielsweise Tageszeitungen äußerst meinungsbildend im Sport und dürften für das ein oder andere Pfeifkonzert im Stadion mitverantwortlich sein.

Der Trainer im Haifischbecken

Schlussendlich komme ich zu einem Problem, das vor allem die Coaches der Topvereine betrifft. Sie bewegen sich nur unter Stars und Sternchen. Viele diese Spieler haben schon mit den besten Trainern gearbeitet, alle diese Kicker verdienen Millionen. Um eine solche Ansammlung an selbstbewussten Akteuren zu führen, muss man als Autorität anerkannt werden und Führungsqualitäten mitbringen. Als ehemaliger Weltklasse-Fußballer, wie „Zizou“ einer ist, dürfte dies leichter fallen, dennoch sind da kaum Schwächen erlaubt. Die Spieler wissen auch um ihre große Macht, Unruhe zu stiften und die Position des Trainers zu schwächen.

Natürlich vereint kein Trainer auf der Welt alle diese Fähigkeiten. Dennoch ist das Aufgaben-Portfolio der Trainer groß wie nie und es gibt wenige, die ein solch komplettes Profil vorzuweisen haben. Gerade für die Spitzenvereine gibt es zu wenige absolut anerkannte Trainer.

Zusätzlich wird ihre Postion durch die Regelungen der FIFA und UEFA geschwächt. Spieler dürfen nur in gewissen Zeiträumen transferiert, Trainer hingegen das ganze Jahr über munter ausgetauscht werden. So bleibt den Vereinen in mageren Monaten oft keine andere Wahl als den Trainer zu wechseln.

Die wahren Götter im Fußball-Kosmos

Um von Real Madrid wegzukommen: Wer würde einer schlecht funktionierenden Mannschaft eher weiter helfen? Ein weiterer Star oder doch eher ein neuer, womöglich besserer Trainer? Die Frage wird sich zum Beispiel Chelsea im nächsten Sommer stellen. In meinen Augen sind die besten Trainer momentan begehrter als die besten Spieler. Anders gesagt, glaube ich, dass Pep Guardiola Chelsea als Team deutlich eher weiterhelfen könnte als es Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo tun könnten.

Dies mag angesichts der weitläufig noch großen Gehaltsunterschiede merkwürdig oder gar weltfremd klingen, doch Pep Guardiola wird beispielsweise bald auf der Insel in eine Salärsphäre aufsteigen, die sich mit den Löhnen der Spieler messen wird. Angesichts der Bedeutung eines tollen Trainers und der Verantwortung auf seinen Schultern ist eine solche Angleichung auch ein absolut notwendiger Schritt.

Geld bedeutet Respekt. Meistens liegt das Schicksal eines Vereins hauptsächlich in den Händen der sportlich Verantwortlichen und damit zu einem Großteil beim Trainer. Sie halten die Geschicke der Fußball-Welt in ihren Händen, sie ziehen die Fäden. Sie sind die eigentlichen Fußballgötter.

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