Wie sich der BVB selbst demontiert

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Thomas Tuchel wirkt beim BVB sehr ambitioniert. Nach seinem fantastischen Einstand in der letzten Saison kann der BVB nun zum Angriff auf den FC Bayern übergehen, der sich im nächsten Jahr unter Ancelotti erst sortieren muss. Hierzu passen auch die Transfers – möchte man meinen.

Nach dem Abgang von Jürgen Klopp herrschte beim BVB gleichzeitig Euphorie und Enttäuschung. Doch im Abschied des Kult gewordenen Erfolgstrainers steckte eben auch eine Chance. Diese Chance sollte Thomas Tuchel ergreifen der – wie schon Klopp – vor seinem BVB-Engagement bei Mainz 05 tätig war.

Ausverkauf beim BVB

Ein Jahr später hat Thomas Tuchel eine überragende Saison gespielt, den BVB ins Pokalfinale gebracht und auf den zweiten Platz geführt. Schnell wird klar welche Ansprüche der neue Coach hat. Diese erste Saison wird ihm gefallen haben, dennoch will er in Zukunft Titel gewinnen. Allzu oft orientiert er sich an Pep Guardiola, lobt seine Akribie und zeitgleich den Titelhunger der Münchener Bayern.

Ein Jahr später muss man sich jedoch auch die Frage stellen, wie diese Ziele mit der Transferpolitik zusammenpassen. Der BVB zeigt sich in den ersten Wochen nach Saisonende wahnsinnig aktiv und verpflichtete nun bereits sechs neue Spieler: Sebastian Rode, Marc Bartra, Raphael Guerreiro, Emre Mor, Ousmane Dembélé und Mikel Merino – dessen Verpflichtung ja bereits seit Winter fest steht.

Man müsste diesen Umstand deutlich weniger kritisch sehen, stünden nicht zeitgleich die Abgänge von Ilkay Gündogan und Mats Hummels bereits fest. Auch um Henrikh Mkhitaryan wird es immer unruhiger, mittlerweile fordert sein Berater Mino Raiola den BVB offen dazu auf, ihn abzugeben.

Transfers passen nicht zur tollen Saison

Gündogan und Hummels sind essentielle Stammspieler, deren Abgang für die Dortmunder einer ungeheuren Schwächung gleichkommt. Diese Situation ist nicht neu beim BVB. Wurden jedoch in der letzten Zeit die wichtigen Abgänge stets aufgefangen, scheint man es in dieser Saison gar nicht erst versuchen zu wollen. Entgegengesetzt zur letzten, fantastischen Saison wirkt das Transfergebahren wie eine Bankrotterklärung.

Damit das niemand falsch versteht: Der momentan voraussichtliche Kader hat natürlich wieder die Qualität für die Champions-League-Plätze. Aber eben nicht mehr. Bartra und Rode sind erfahrene Spieler, die dem BVB bei dieser Aufgabe helfen können. Guerreiro und Dembélé haben in der Ligue 1 ebenfalls nachgewiesen, dass sie Erstliga-Format haben. Jedoch muss man bei so jungen Spielern eben auch mit Schwächeperioden rechnen.

Soll es das gewesen sein?

Mit den bis jetzt getätigten Transfers wäre Bartra ein legitimer Hummels-Nachfolger. Rode ist ein sehr vielseitiger Spieler der eine große Klasse hat, jedoch einen gänzlich anderen Spielstil als Gündogan hat. Merino hat logischerweise bei weitem (noch) nicht die benötigte Qualität.

Hier wäre ein weiterer Transfer notwendig. Findet dieser nicht mehr statt wäre das in einem Sommer in dem zum Beispiel ein Miralem Pjanic für (nur) 32 Millionen Euro den Verein wechselt, doppelt bitter. Guerreiro ist eine gute Alternative zu Schmelzer auf der Linksverteidiger-Position. Dembélé und vor allem Mor werden in der Offensive um Spielzeit kämpfen müssen. Zum einen ist der BVB dort mit Reus und Mkhitaryan (falls er denn bleibt) bereits sehr gut besetzt, zum anderen gibt es mit Pulisic und dem hoch geschätzten Passlack bereits zwei Talente die Spielzeit benötigen. Hier wäre eventuell eine Ausleihe sinnvoll.

Ebenso interessant ist, was sich ein Marco Reus und ein Pierre-Emerick Aubameyang wohl so denken, wenn es nun in den Medien nicht um Namen wie Hamsik, Mahrez oder Yarmolenko geht, sondern stattdessen – bei allem Respekt – um das ukrainische Top-Talent Zinchenko.

Vorbild Leverkusen

Zusammenfassend kann man fragen: Hat sich der BVB bis hierhin verstärkt? Die Antwort ist ein sehr klares Nein. Borussia Dortmund ist durch die Abgänge von Gündogan und Hummels sehr viel Qualität verloren gegangen, die lediglich Bartra teilweise wiederherstellen kann.

Nach einer solch tollen Saison und mit der Aussicht, dass sich der größte Konkurrent in Form des FC Bayern unter dem neuen Trainer erst sortieren muss, muss der BVB noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv werden. Dass es auch anders geht zeigt beispielsweise Bayer 04 Leverkusen.

Der BVB war vor der Bartra-Verpflichtung lange an Toprak und Dragovic interessiert. Die Leverkusener hielten nicht nur den einen (Toprak) sondern stehen auch vor der Verpflichtung des anderen (Dragovic). Dazu kam mit Kevin Volland ein gestandener Bundesliga-Spieler, der die Qualität hat, Leverkusen einen Schritt voran zu bringen. Vielleicht sogar ein Schritt, mit dem auch der BVB hinter sich gelassen wird.

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2 Gedanken zu „Wie sich der BVB selbst demontiert“

  1. Ist aus meiner Sicht völlig übertrieben, dieser Artikel! Hummels ist ein Verlust, ja, aber mit Bartra hat der BVB einen zwei Jahre jüngeren Spieler, der durchaus in die Fußstapfen treten wird. Gündogan ist kein Verlust, da er die meiste Zeit sowieso verletzt war und wenig gespielt hat. Mit den anderen Neuverpflichtungen ist der BVB stärker als lewtzte Saison!

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    • Vieleicht denkt der BvB noch weiter in die Zukunft. Auf absehbarer Zeit ist der FCB nicht einzuholen. Warum also finanziell ins Risiko gehen wenn die Wahrscheinlichkeit für die Meisterschaft ohnehin gering ist. Das passt zwar nicht zum sportlichen Gedanken könnte aber ein Grund sein. Dann lieber eine Truppe die den Spielgedanken des Trainers in der Zukunft noch besser umsetzten kann und nicht von so vielen Niederlagen gegen den unüberwindbaren FCB geplagt ist. Ich hoffe aber auch dass sich noch der ein oder andere Spieler von Weltformat in Dortmund blicken lässt.

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