Die talentierten Gebrüder Rodriguez

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Ricardo Rodriguez braucht man in Deutschland keinem Fußballfan mehr vorstellen. Der 22-jährige Linksverteidiger des VfL Wolfsburg besticht durch konstant gute Leistungen in der Bundesliga und für die Schweizer Nationalmannschaft. Gerüchten zufolge steht er auf den Beobachtungslisten von Scouts in halb Europa. Weitgehend unbekannt ist allerdings, dass Ricardo zwei Brüder hat – beide sind ebenfalls Profifußballer.

Roberto, der Spätzünder

Roberto Rodriguez ist mittlerweile 24 Jahre alt, zwei Jahre älter als Ricardo. Seine Karriere verlief bislang nicht ganz so perfekt wie jene seines berühmten Bruders. Ausgebildet bei den Zürcher Grasshoppers gelangte er über Wil nach Bellinzona in die zweithöchste Schweizer Spielklasse. Fahrt aufnehmen konnte er allerdings kaum. Der Verein ging nach mehrmonatigem Chaos Konkurs und Roberto musste sich erneut nach einem Verein umsehen.

Er stieß zum Beginn der abgelaufenen Saison 2013/2014 zum FC St. Gallen in die Super League, wo ihm nun endlich der Durchbruch gelang. Der flexible Mittelfeldspieler beackerte munter beide Flügel und begeisterte das Publikum immer mehr mit technisch feinem Fußball und herrlichen Toren. Als Höhepunkt leitete er den Sieg in der Europa-League-Qualifikation bei Spartak Moskau ein und erzielte ein wunderbares Weitschusstor gegen den FC Zürich.

Roberto Rodriguez‘ Zukunft ist allerdings schwierig vorauszusagen. Der Zug für die ganz grosse internationale Karriere dürfte abgefahren sein, ist er doch dem Talentalter langsam entwachsen. Wenngleich er ein starker Techniker ist – dazu enorm schnell und passsicher – dürfte er wohl nicht mehr allzu viel Luft nach oben haben. Trotz zweier Spiele für die U20 der Schweiz, wird er auch da kaum mehr von Nationaltrainer Petkovic berücksichtigt. Die Konkurrenz ist stärker und etwas jünger.

Francisco, der Youngster

Ganz anders verhält es sich mit dem Küken der Familie Rodriguez. Francisco Rodriguez, bald feiert er seinen 19. Geburtstag, hat eben erst debütiert im Profifußball und dies ausgerechnet im Stadtderby zwischen dem FC Zürich, seinem und auch Ricardos Heimatverein, und den Grasshoppers. Er stand eher überraschend in der Startelf und hat seitdem nur das Hinspiel der Europa-League-Qualifikation in Trnava verpasst.

Francisco ist ähnlich wie Roberto technisch sehr versiert, trickreich und passsicher, ausserdem verfügt er über einen bemerkenswerten Abschluss. Am zweiten Spieltag dieser Saison hat er das in Vaduz eindrucksvoll belegt mit einem Weitschuss ins Kreuzeck. Der 1,78 Meter große Mittelfeldspieler sieht sich am liebsten im offensiven Zentrum, spielt zurzeit aber zumeist auf dem rechten Flügel.

Auch der Verband hat die Fähigkeiten des jüngsten Rodriguez längst erkannt. Nach sieben Spielen in der U19-Nationalmannschaft wird er nun erstmalig für die U21 aufgeboten. Auf Francisco wird in den nächsten Jahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu achten sein. Aus vereinsnahem Umfeld des FC Zürich wird man ihm ähnlich großes Talent wie Ricardo nachgesagt, womit er für zahlreiche internationale Vereine bald eine Überlegung wert sein dürfte. Es wird auf jeden Fall interessant sein, seinen noch jungen Weg weiter zu verfolgen.

Ein einzigartiges Trio

Generell sind die Gebrüder Rodriguez sehr auffällig. Brüder-Trios sind im Fußball eine Rarität. Langjährige Fans der Bundesliga erinnern sich vielleicht an Jürgen, Klaus und Stephan Täuber, die in den 80er-Jahren auf dem Feld standen. Oder daran, dass Diego Armando Maradona zwei Brüder hatte, die Fußball spielten, allerdings natürlich weit unter seinem Niveau. Dass in einer Familie gleich der gesamte Nachwuchs nicht nur das Talent, sondern auch den Willen mitbringt, sich im Profifußball durchzusetzen, ist dementsprechend beachtlich und einzigartig.

Die Ähnlichkeiten von Roberto, Ricardo und Francisco sprechen auch eine deutliche Sprache. Neben den sich gleichenden Gesichtszügen spielen sie alle drei mit der Rückennummer 34 und auch fußballerisch sind sie einander ähnlich. Alle kommen sie über starke Technik und ein gutes Auge. Sie versuchen stets, schwierige Situationen spielerisch zu lösen. Grobes oder unfaires Spiel sieht man vom Trio hingegen selten. Ricardo lieferte dafür in der abgelaufenen Bundesliga-Saison den besten Beweis, absolvierte er doch alle Spiele und holte dabei lediglich zwei gelbe Karten

Mindestens zwei Hoffnungsträger

Damit sind die Rodriguez-Brüder prädestiniert für modernen, schnellen Fussball und für jeden Trainer dankbare Spieler. Was sie so erfolgreich macht, ist nicht einfach zu sagen. Natürlich waren sie bereits als Kinder ehrgeizig und liebten es, Fußball zu spielen. Ihr Juniorentrainer aus Schwamendingen, wo die Brüder aufwuchsen, Ruedi Hafner beschreibt sie wie folgt: „Sie spielten immer, auch nach dem Training. Das braucht es.“ Sie selbst werten vor allem den familiären Zusammenhalt als besonders wichtig. Ohne die Unterstützung der Eltern hätten sie es nie so weit gebracht, sind sich die drei einig.

Die weitere Entwicklung des Trios bleibt wie immer abzuwarten. Während bei Roberto eine erfolgreiche internationale Karriere eher verwundern würde, stehen Ricardo die Türen zu Europas Topvereinen weit offen. Franciscos Zukunft steht natürlich in den Sternen, geht seine Entwicklung aber so weiter, wird er sich auch im europäischen Fußball einen Namen machen können.

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