Die Chinese Super League ist derzeit in aller Munde. Gefühlt jeden Tag gehen neue Rekord-Transfers über die Ticker. Jüngst wurde vermeldet, dass Christiano Ronaldo ein Angebot mit einem Gehalt von 100 Millionen Euro vorliegen hat. Er sagte ab. Andere konnten nicht widerstehen: Jüngst ging Axel Witsel nach China. Gehalt: 20 Millionen jährlich. Doch was ist das für eine Liga, die Europa als Fußball-Großmacht binnen kürzester Zeit ablösen möchte?
Geschichte der Chinese Super League: Korruption & Manipulation
Möchte man die Gegenwart verstehen, so empfiehlt es sich in die Vergangenheit zu blicken. Das chinesische BIP wächst seit der Jahrtausendwende exponentiell an. Innerhalb von zehn Jahren vervierfachte sich das BIP von 10 Billionen auf 40 Billionen Yen.
Die chinesische Wirtschaft und der chinesische Fußball sind eng miteinander verbunden. Die meisten Vereine gehören Investoren. Somit wächst der chinesische Fußball, wenn die chinesische Wirtschaft wächst.
Der Glaube, mit Geld Erfolg kaufen zu können, hat den Vorläufer der heutigen chinesischen Liga zu Fall gebracht. 2003 stürzte ein Korruptionsskandal die damalige erste Spielklasse „Jia-A League“ in eine schwere Krise. Die Hälfte aller Spiele war manipuliert worden.
2004 gründete sich die Chinese Super League. Doch auch sie ist nicht frei von Korruption. Wie die Southern China Morning Post berichtet, haben sich viele Fans bereits mit sogenannten „black balls“, manipulierten Spielen, abgefunden. Weiter geht das Blatt davon aus, dass das System CSL durch das finanzielle Erstarken der Klubs nicht unbedingt von Korruption befreit wird.
Im Gegenteil: Die Korruption wird wohl eher zunehmen. Die Gehaltsschere zwischen sehr, sehr gut verdienenden ausländischen Stars und einheimischen Ergänzungsspielern wird sehr groß. Was Neid hervorruft. Und so Wettbetrügern Tür und Tor öffnet.
Die CSL heute: Internet-Firmen & Fußball-Größen
Der FC Bayern Chinas heißt Guangzhou Evergrande Taobao Football Club. Der Klub gehört zu 60 Prozent dem zweitgrößten Bauträger Chinas und zu 40 Prozent einer großen chinesischen Internet-Firma. Die finanzkräftigen Investoren konnten schon Fußballgrößen wie Marcello Lippi oder Luis Felipe Scolari nach Guangzhou locken.
Die Führung des Klubs achtet zudem auf Nachhaltigkeit. Der ehemalige Trainer diverser Jugendmannschaften des DFB, Marco Pezzaiuoli, kümmert sich um die Nachwuchsakademie der Süd-Chinesen.
Gegenwärtig ist zu beobachten, dass der chinesische Markt sich nicht mehr mit – mehr oder weniger – abgehalfterten Stars im Frührentenalter zufriedengibt. Dieses Kaufverhalten konnte man jüngst in Indien beobachten.
Die chinesische Liga möchte Fußballer im besten Alter, die ihren Zenit noch nicht überschritten haben, aber dennoch auf eine gewisse Erfahrung im europäischen Fußball blicken können. Das zeigt, dass die Klubs nicht blind einkaufen, was ihnen in die Quere kommt, sondern durchaus einen Anspruch an eventuelle zukünftige Spieler haben.
Die Chinese Super League verfolgt einen recht interessanten Ansatz, um die Vereine der Liga in etwa gleichstark zu halten. Sie hat die Zahl der Fußball-Legionäre pro Mannschaft auf fünf reduziert. Die Vereine werden in diesem Winter wohl einkaufen, bis sie diese Grenze erreicht haben.
Chinas erste Liga in Zukunft: Klimawandel und Panikmache
China wird den europäischen Markt nicht leer kaufen. Ironischerweise ist dafür der chinesische Staat verantwortlich. Der Machtapparat ist der Ansicht, dass insbesondere diesen Winter „Geld verbrannt“ wurde. Man möchte die Zahl der Fußball-Legionäre pro Mannschaft auf vier senken und Gehaltsgrenzen setzen.
Dazu kommt, dass die meisten Vereine der Chinese Super League in der Hand von Investoren aus der chinesischen Wirtschaft sind. Somit ist das Investitionsvolumen stark von der Entwicklung der chinesischen Wirtschaft abhängig. Dass diese weiter wächst, ist bei Weitem nicht gewiss. Eine instabile Weltlage (Klimawandel, Ost-West-Konflikt) könnte den Chinesen durchaus Probleme bereiten.
Die finanziellen Folgen solch etwaiger Probleme dürfte zunächst der chinesische Fußball zu spüren bekommen. In Anbetracht der Zukunftsaussichten darf man die an Panikmache grenzende Berichterstattung vom „chinesischen Irrsinn“ nicht allzu ernst nehmen.