Servus, Mats!

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„Reisende soll man ziehen lassen“. So kommentierte Helmut Schmidt vor gut 30 Jahren das Vorhaben der FDP die Koalition zu verlassen. Dieser Satz beschreibt auch die „Causa Hummels“ recht gut. Seit der vielbeschworenen und von Hummels selbst verdammten Ad-Hoc-Mitteilung erlebt Deutschland mal wieder eine Diskussion über Treue und andere Werte im Fußball. Manch gute Äußerung ist dabei, doch es wird auch viel Blödsinn verlautbart. Mats Hummels steht zu Unrecht in der Kritik.

„Die Kurve hasst leidenschaftlich“ – ein Zitat von schwatzgelb.de. Ein wirklich gutgemachtes Magazin. Doch dieser Satz. Er hat mich wirklich schockiert. Für mich war Fußball immer ein verbindendes Element. Arm und Reich. Schwarz und Weiß. Alle liegen sich in den Armen. Alle feiern den Fußball. Für mich hat Hass keinen Platz im Fußball. Für Tobias von schwatzgelb.de schon. Dass er diesen Hass auch noch zelebriert, ist höchst bedenklich und schlichtweg falsch.

Die Dortmunder Kurve hätte sich ein Denkmal setzen können. Sie hätte Mats Hummels hochleben lassen können. Zusammen hätte man die alten Erfolge ein letztes Mal gemeinsam feiern können. So bleibt ein fahler Beigeschmack. Wer uns verlässt, wird gehasst.

Dabei sind Spielertransfers das Normalste dieser Erde. Es ist der absolute Ausnahmefall, das ein Spieler eine ganze Karriere bei einem Verein spielt. Wenn sich die Dortmunder Kurve bei jedem Spieler, der einen Karriereschritt machen möchte, so infantil aufführt, wird es sich wohl jeder potenzielle Neuzugang der Borussen zweimal überlegen, ob Dortmund denn wirklich der richtige Verein ist.

Warum der Wechsel für alle Parteien Sinn ergibt

Dieses wunderbar leichte Dribbling wird viele Bayern wohl noch öfter um den Schlaf bringen. Saul schwebte im Halbfinal-Hinspiel der Champions League nahezu durch die Bayern Defensive. Allein diese eine Aktion beweist nur, dass Bayern in der Defensive ein Problem hat. Dass die Bayern Hummels nun für 40 Millionen verpflichtet haben, zeigt dass die Bayern so dringend einen Innenverteidiger brauchen, dass sie lieber 40 Millionen ausgeben, anstatt selbst einen Top-Mann auszubilden oder einen solchen zu scouten.

Diese Konstellation ist ein Glücksfall für Hummels. Seine Familie lebt seit Jahrzehnten in München. Hummels Frau (eine ehemalige „Miss FC Bayern“) verbrachte ihre Kindheit und Jugend in der nördlichsten Stadt Italiens. Bei Bayern hat Hummels deutlich höhere Chancen Titel zu gewinnen. Bei vier Meisterschaften und vier CL-Habfinals in Folge kann der BVB leider nicht mithalten. Das ist natürlich schade für den deutschen und europäischen Fußball, aber es ist nicht an Hummels, das zu ändern. Um einen Wechsel, wie den Hummels‘, überflüssig zu machen, bedarf es einer wirklichen Umverteilung des Geldes im Fußball.

Borussia Dortmund sieht auf den ersten Blick wie der große Verlierer des Transfers aus. Von wegen. Hummels erweist dem Verein einen letzten großen Dienst und drängte auf einen Wechsel, noch in diesem Sommer. Er hätte auch noch eine Saison lustlos im Ruhrpott kicken können und dann umsonst wechseln können. Das macht er nicht. Er verschafft dem Verein 40 Millionen, die sich hervorragend reinvestieren lassen.

Liebe Borussen, vertraut eurem Verein! Schon nach dem Abgang Lewandowskis hattet ihr Angst, keinen neuen Topstürmer zu finden. Oh wie lagt ihr falsch. Aubameyang wurde verpflichtet und der kann sich wirklich mit Lewandowski vergleichen. Mit 40 Millionen Budget wird Dortmund mit Sicherheit einen ebenbürtigen Verteidiger scouten.

Pikant und doch nicht relevant

Pikant erscheint vielen die Aussage, die Hummels in Bezug auf den Wechsel von Mario Götze vor drei Jahren machte. Es gäbe sportlich gesehen keinen Grund, zu den Bayern zu wechseln. So kommentierte Hummels damals den Wechsel. Diesen Satz kann man ihm heute aber keinesfalls mehr vorhalten. Die sportlichen Realitäten haben sich geändert.

Götzes Wechsel wurde am 23. April 2013 publik. Dortmund zog einen Tag darauf in das Champions League-Finale ein. Und bewies sich dort als ebenbürtiger Gegner des FC Bayern. Hummels‘ Wechsel wurde am 10. Mai 2016 bekannt. Dortmund lag zu diesem Zeitpunkt acht Punkte hinter den Bayern. Zu wenig, um von einer echten Bedrohung sprechen zu können. Dortmund erreichte das Viertelfinale der Europa League, Bayern das Halbfinale der Champions League. Die sportlichen Realitäten haben sich schlichtweg geändert.

Hummels als Verräter zu brandmarken, ist infantil und wird dem Wechsel in all seinen Dimensionen keinesfalls gerecht. Mit solchen Anschuldigen diffamiert man sich letztlich selbst.

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